Ein italienischer Sportwagen ohne freien Blick zum Himmel, das ist wie Espresso ohne Koffein oder Spaghetti ohne Tomatensoße. Das weiß auch Alfa Romeo und schickt dem 4C Coupé nach 18 Monaten endlich eine offene Version hinterher.
Geduld ist gefragt
Mindestens 72 000 Euro kostet der Spider und damit knapp 10 000 Euro mehr als die geschlossene Variante. Für diesen Preis kann er ab sofort bestellt werden.
Doch weil die Nachfrage die knappe Produktionskapazität von gerade einmal 1000 Autos im Jahr bei weitem übersteigt, müssen sich Spätentschlossene schon jetzt bis zum Sommer 2016 gedulden.
Aber der 4C Spider ist das Warten wert: Zwar nur 177 kW/240 PS stark, dafür aber keine 1000 Kilo schwer, nimmt einen der Zweisitzer mit dem Motor in der Mitte und dem Antrieb am Heck vom ersten Meter an gefangen. Mit einer ausgefeilten Balance und Reifen, die eher von Pattex als von Pirelli kommen, klebt der Spider förmlich auf der Straße und giert geradezu nach Kurven. Ja, es ist begeisternd, wie der mickrige 1,7-Liter-Vierzylinder mit seinen 350 Newtonmeter den Spider in nur 4,5 Sekunden auf Tempo 100 katapultiert.
Der Adrenalin-Spiegel steigt
Wenn man bei Vollgas fast 260 auf dem Tacho hat und einem der Fahrtwind mit voller Wucht ins Gesicht schlägt, fühlt man sich wie Sebastian Vettel in seinem offenen Formel-1-Wagen. Doch je gewundener die Straße, desto höher der Adrenalin-Spiegel: Mit einer Querbeschleunigung wie in der Achterbahn und einer schier chirurgischen Präzision schneidet der 4C durch die Kurven.
Was den Wagen so einzigartig macht und ihn zugleich in die Liga von Lamborghini und Co. katapultiert, das sind nicht allein seine extreme Leichtbau-Konstruktion rund um das Karbon-Chassis und damit das Leistungsgewicht von weniger als vier Kilogramm pro PS. Es ist vor allem die Kompromisslosigkeit der Ingenieure, die so ein intensives, authentisches Fahrerlebnis erst möglich macht. Servolenkung? Verfälscht nur das Gefühl und ist bei so einem leichten Auto lässig verzichtbar? Elektronisch geregelte Dämpfer? Kann man vergessen, wenn Federungskomfort zweitrangig ist. Sitzheizung, Klimaautomatik? Ist nur was für Warmduscher. Und Infotainment ist ohnehin Teufelszeug, das nur vom Fahren ablenkt: Beim 4C kommt die Information vom Popometer und das Auto bietet mehr als genug Unterhaltung. Selbst das Soundsystem hätten sich die Entwickler ruhig sparen können. Denn wer braucht noch Musik, wenn der Motor unter freiem Himmel eine Vollgas-Oper aufführt wie in der Arena von Verona?
Liebe macht blind
So braucht es nur ein paar Kilometer und zwei, drei Kurven, schon ist man dem 4C Spider mit Haut und Haaren verfallen. Das ist vielleicht ein Fluch für den Führerschein, aber ansonsten ein Segen. Nicht nur, weil es einfach unbändigen Spaß macht. Sondern auch, weil Liebe bisweilen blind macht und man so ganz gelassen über die wenigen Makel des Modells hinweg sieht. Billiges Plastik und popelige Schalter? Geschenkt! Ein digitales Cockpit in einem ansonsten durch und durch analogen Auto? Egal! Selbst das fummelige Stoffverdeck, das man erst sechsfach entriegeln, dann von außen zusammenrollen rollen und eigenhändig im Kofferraum verstauen muss, stört einen plötzlich nicht mehr. Man nimmt es viel mehr als Beleg dafür, wie pur und authentisch dieser Spider doch ist und schimpft lieber über die Schattenparker in ihren Audi TT, Porsche Boxster oder BMW Z4.
Überhaupt, die deutschen Roadster: Das sind zumindest auf dem Papier die eigentlichen Konkurrenten des 4C Spider und die Autos, denen der kleine Italiener am meisten zu schaffen macht. Nicht bei den Stückzahlen. Denn für einen großen Verkaufserfolg ist der 4C einfach zu unpraktisch und die Produktion viel zu knapp kalkuliert. Wo der Alfa all den Audi, Porsche oder BMW richtig wehtun wird, das ist beim Image. Auch wenn sich die deutschen Hersteller gerne die Technologieführerschaft auf die Fahnen schreiben, haben sie bislang noch keinen Sportwagen auf den Weg gebracht, der so konsequent und kompromisslos ist wie der Alfa und trotzdem halbwegs bezahlbar bleibt.
Fazit: Einer wie keiner
Ein Fahrgefühl wie im Ferrari, Beschleunigungswerte mindestens auf Porsche-Niveau und das im Format eines Kleinwagens, mit der Motorleistung aus der Mittelklasse und einem Preis, für den es in Maranello oder Sant' Agata nicht mal einen Gebrauchtwagen gibt: Dieser Spider ist einer wie keiner. Schade eigentlich, dass sich das bei der Vollgas-Fraktion längst herumgesprochen hat. Sonst müsste man nicht so lange darauf warten, dass der Spaß endlich beginnt.
Datenblatt: Alfa Romeo 4C Spider
Motor und Antrieb: | Vierzylinder-Turbo-Benzindirekteinspritzer |
Hubraum: | 1742 ccm |
Max. Leistung: | 177 kW/240 PS bei 6000 U/min |
Max. Drehmoment: | 350 Nm bei 2200 - 4250 U/min |
Antrieb: | Heckradantrieb |
Getriebe: | 6-Gang-Doppelkupplungsautomatik |
Maße und Gewichte | |
Länge: | 3,98 m |
Breite: | 1,86 m |
Höhe: | 1,18 m |
Radstand: | 2,38 m |
Leergewicht: | 940 kg |
Zuladung: | k.A. |
Kofferraumvolumen: | 110 Liter |
Fahrdaten | |
Höchstgeschwindigkeit: | 256 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h: | 4,5 s |
Durchschnittsverbrauch: | 6,9 Liter/100 km |
Reichweite: | 580 km |
CO2-Emission: | 161 g/km |
Kraftstoff: | Super |
Schadstoffklasse: | EU6 |
Energieeffizienzklasse: | k.A. |
Kosten | |
Basispreis des Alfa 4C: | 62 200 Euro |
Grundpreis des Alfa 4C Spider: | 72 000 Euro |
Typklassen: | k.A. |
Kfz-Steuer: | 168 Euro/Jahr |
Wichtige Serienausstattung | |
Sicherheit: | Frontairbags, Xenon-Licht |
Komfort: | Elektrische Fensterheber, digitale Instrumente |
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke
(DPA-INFOCOM)