
In der Politik regt sich Kritik an den staatlichen Zuschüssen für den Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Tourismus und Einzelhandel setzen hingegen auf positive Effekte des Christentreffens, das am Mittwoch beginnt. Mehr als 100 000 Besucher werden in der Landeshauptstadt erwartet. Der Etat des fünftägigen Kirchentags, der am Mittwoch beginnt, liegt bei rund 18 Millionen Euro. Etwa 5 Millionen Euro trägt das Land, 3,2 Millionen die Stadt. Der Vorsitzende der Piratenpartei Baden-Württemberg, Martin Eitzenberger, sagte den «Stuttgarter Nachrichten» (Samstag):
«Wir sehen diese Subventionen sehr kritisch.» Er bezweifle, dass über die sogenannte Umwegrentabilität 20 Millionen Euro in die Stadt zurückfließen. «Letztlich ist das eine versteckte Subvention
der Hotellerie und der Gastronomie oder des Handels.» Ähnliche Debatten gibt es beispielsweise auch zum 100. Deutschen Katholikentag kommendes Jahr in Leipzig. Beim baden-württembergischen Bund
der Steuerzahler war am Wochenende zunächst niemand erreichbar.
Stuttgarts Marketing-Direktorin Andrea Gehrlach sagte der Zeitung: «Die Imageanalyse im Jahr 2010 hat ergeben, dass Besucher, die einmal die Region Stuttgart besucht haben, weitaus mehr zur Attraktivität der Stadt und der Region sagen können und auch eine größere Bereitschaft zeigen, ihren Besuch zu wiederholen.» Stuttgarts Erster Bürgermeister, Michael Föll (CDU), verteidigte das Engagement der Kommune: «Der beantragte Zuschuss ist sowohl der Höhe nach als auch von der Bedeutung der Veranstaltung her angemessen.» Die Stadt erhalte durch den Kirchentag auch «einen ideellen Mehrwert».
Auch der Stuttgarter Einzelhandel freut sich auf den Kirchentag. «Wir rechnen mit steigenden Umsätzen vor allem für die Gastronomie, Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte», sagte Sabine Hagmann, Geschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, der Deutschen Presse-Agentur. Sicher würden sich die Besucher aber «auch mal absondern und durch die Geschäfte schlendern».
Selbst wenn Jeder im Schnitt nur fünf Euro ausgeben würde, sei das bei erwarteten 100 000 Dauer- und 40 000 Tagesgästen eine relevante Summe. In jedem Fall wird der Handel die Besucher mit «großer Gastfreundschaft» empfangen, versprach Hagmann. Viele dekorierten auch ihre Schaufenster um. Vergleichszahlen zum Umsatzgewinn aus anderen Kirchentagsstädten gebe es nicht.
Der Kirchentag ist von Mittwoch (3.6.) bis Sonntag (7.6.) zum vierten Mal zu Gast in Baden-Württembergs Landeshauptstadt. Zum Etat kommen 4,5 Millionen von der Landeskirche Württemberg als Gastgeberin. Der Rest stammt von Teilnehmerbeiträgen, Spenden und Sponsoren, die in Programmheften, Flyern oder an Bühnen werben.
Unterdessen haben fleißige Helfer am Samstag auf dem Gelände des Kirchentags im Neckarpark Hunderte Papphocker gefaltet. Sie sind vor allem für größere Hallen gedacht, die anders als etwa die Schleyerhalle nicht schon mit Stühlen ausgestattet sind. Seit 40 Jahren, damals in Frankfurt, begleitet dieses Kultobjekt das alle zwei Jahre stattfindende Protestanten-Happening. Mit wenigen Handgriffen entsteht das Sitzmöbel aus Wellpappe. Rund 17 500 werden eingesetzt. Hinterher werden sie für 1 Euro das Stück abgegeben. (DPA/LSW)