
Trotz der Kritik durch den Bundesrechnungshof sieht die Stadt Karlsruhe ihr Jahrhundertprojekt Stadtbahntunnel nicht in Gefahr. «Die Wirtschaftlichkeit ist erst kürzlich nachgewiesen worden», betonte Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) am Donnerstag. Insgesamt reagiert die Stadtgemeinschaft konsterniert auf Informationen, wonach der Rechnungshof die finanzielle Förderung für die Untertunnelung der Straßenbahn in Frage stellt. Auf Unverständnis stieß vor allem der Umstand, dass Förder-zusagen mitten in einem laufenden Projekt zur Disposition gestellt werden.
Der Tunnelbau begann bereits im vergangenen Oktober.
Doch jetzt hat der Bundesrechnungshof nach einem Bericht der «Stuttgarter Zeitung» Zweifel angemeldet, ob die sogenannte Kombilösung in Karlsruhe noch wirtschaftlich ist. Demnach verlangt die Behörde eine aktualisierte Wirtschaftlichkeitsberechnung. «Ohne einen aktualisierten positiven Nachweis der Wirtschaftlichkeit wären dem Vorhaben die Fördervoraussetzungen entzogen», zitiert das Blatt aus einem Schreiben der Behörde.
Die Kombilösung kombiniert zwei Teilprojekte: Zum einen sollen die Straßenbahnen vom Durlacher Tor im Osten bis zum Mühlburger Tor im Westen ab Ende 2018 unterirdisch verkehren, so dass sich die zentrale Kaiserstraße in eine Flaniermeile verwandeln kann. Zum anderen soll der Verkehrsmoloch der Kriegsstraße, der die Stadt zerschneidet, bis 2019 eine grüne Verbindungsachse werden.
Der Bund schießt 60 Prozent der förderfähigen Kosten zu, Land und Stadt teilen sich den Rest. Der Rechnungshof kritisiert die wiederholte Korrektur der geschätzten Kosten, zuletzt war von 900 Millionen Euro die Rede. Allerdings gilt es in Karlsruhe weitgehend als Konsens, dass die Mehrkosten auf das Konto der Stadt gehen. Der Rechnungshof fordert das Bundesverkehrsministerium dem Zeitungsbericht zufolge auf, zeitnah Entscheidungen zu treffen, «damit alle Beteiligten ihr weiteres Vorgehen danach ausrichten können».
OB Mentrup unterstrich, nicht jede Kostensteigerung verschlechtere automatisch die Kosten-Nutzen-Berechnung. So würden Wegezeiten und notwendige Kapazitätserweiterungen in die Berechnungen einfließen. Der Rechnungshof gehe offenbar von überholten Daten aus. «Die Berechnungsgrundlage hat sich weiterentwickelt und ist mit dem Land abgestimmt», sagte Mentrup. Er will über das Land in Gespräche mit dem Bundesverkehrsministerium und «wenn gewünscht» auch mit dem Bundesrechnungshof gehen. Mentrup will sich bis Frühherbst abstimmen, um Ende des Jahres mit dem Umbau der Kriegsstraße beginnen zu können.
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Karlsruher Gemeinderat, Parsa Marvi, sprach nach der Kritik des Bundesrechnungshofs von einem «Stück aus dem Tollhaus». Ginge es nach dem Rechnungshof, dann könne künftig keine Kommune in Deutschland mehr Großprojekte dieser Art stemmen. «Förderbescheide wären dann nicht mehr das Papier wert, auf dem sie stehen.» Auch der «skurrile Zwischenruf des Rechnungshofes» ändere nichts daran, dass die Kombilösung von Berlin und Stuttgart gefördert werde, so Marvi. Der Umbau der Kriegsstraße als nächster Bauabschnitt sei das Herzstück des Projekts. Deshalb «muss und wird die Kombilösung fertiggestellt werden».
Für die Grünen im Gemeinderat sind hingegen Zweifel an der Wirtschaftlichkeit berechtigt. Das Projekt sei von den Befürwortern von Anfang an «schön gerechnet» worden. «Sämtliche Risiken wurden dabei ausgeblendet. Deshalb stand die Förderfähigkeit von Anfang an auf tönernen Füßen», meinte Fraktionschefin Bettina Lisbach. Mittlerweile sei der Bauprozess aber so weit fortgeschritten, dass es kein Zurück mehr gebe. Die Grünen wollen nun wissen, welche Konsequenzen sich aus den Forderungen des Bundesrechnungshofes ergeben. Ohne Bundesförderung sei das Projekt nicht zu stemmen. (DPA/LSW)