
Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen hat die Landesregierung aufgefordert, schnell Klarheit über die Zukunft der Bewährungshilfe zu schaffen. In der freien Straffälligenhilfe, die Brauneisen als Vorsitzender des Verbands Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg (BSW) betreut, sorgten sich 170 hauptamtliche Mitarbeiter um ihre Arbeitsstelle. Sollte es zu einer Rückverstaatlichung der Bewährungshilfe kommen, müssten neue Strukturen geschaffen werden, sagte Brauneisen am Montag in Tübingen. Er warnte davor, den Zeitaufwand zu unterschätzen.
Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte die Bewährungshilfe 2007 privatisiert. Kosten in Millionenhöhe sollten dadurch eingespart werden. Im vergangenen Herbst sprach das
Bundesverwaltungsgericht Leipzig einem privaten Träger in einem Urteil jedoch die Weisungsbefugnis an einen beamteten Bewährungshelfer ab. Seither steht nach Ministeriumsangaben die Zukunft der
Privatisierung wegen rechtlicher Risiken auf der Kippe. Diese sollten am Dienstag im Kabinett zur Sprache kommen. Wann eine endgültige Entscheidung getroffen wird, ist noch unklar. Die Anpassung
an das Modell des österreichischen Unternehmens «Neustart» und die Kommunikation mit dem neuen Partner habe damals Zeit gebraucht, mahnte Brauneisen. Zwar gehe der Verband davon aus, dass die
Aufgaben des privaten Trägers - zumindest zu einem Teil - zurück unter staatliche Obhut fallen werden. Dabei dürften etwaige Kosten aber nicht der Bewährungs- und Straffälligenhilfe auferlegt
werden, mahnte Brauneisen. Die Forderung der Straffälligenhilfe müsse ernst genommen werden, sagte der rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Ulrich Goll. Grün-Rot verharmlose die
Herausforderungen der Verstaatlichung. Eine Evaluation habe festgestellt, dass seit der Übernahme der Bewährungshilfe durch «Neustart» die fachlich-strukturelle Qualität der Bewährungshilfe
deutlich gestärkt worden sei. Die Grünen-Fraktion im Landtag unterstützt dagegen die Rückverstaatlichung. «Für uns steht die Qualität der Aufgabenerfüllung im Mittelpunkt», erklärte Sprecher
Jürgen Filius. Deshalb sollen die bewährten Strukturen der Bewährungshilfe nach Ansicht der Grünen beibehalten und der Bereich in staatliche Verantwortung übernommen werden. Dem BWS gehören 22
Mitgliedsvereine an, die sich in der justiznahen Sozialarbeit engagieren. Hauptamtliche und rund 1200 Mitarbeiter in den Vereinen helfen Straffälligen nach ihrer Entlassung aus der Haft unter
anderem bei der Arbeitssuche. Zudem setzt sich der Verband dafür ein, dass Straftäter, die Geldauflagen des Gerichts nicht bezahlen können, anstelle einer Haftstrafe, zu gemeinnütziger Arbeit
herangezogen werden. (DPA/LSW)