
Am Dienstag in Brüssel, nach dem Treffen der 28 EU-Finanzminister gab es wieder einen solchen Schäuble-Satz - so ein Mischmasch aus Deutsch und Englisch, in breitestem Badisch: «Am 28., 24.00 Uhr, isch over.» Was in der aufgeheizten Griechenland-Debatte schnell die Runde machte. Dabei hatte der deutsche Finanzminister eigentlich nur auf seine Art die deadline bekräftigt, bis zu der aus Sicht der Euro-Gruppe eine Lösung stehen muss. Am 28. Februar läuft das Hilfsprogramm aus, und damit auch die bisherigen Kredithilfen.
Es sind solche Sätze, mit denen Wolfgang Schäuble immer wieder Aufmerksamkeit erlangt - im Poker um eine Griechenland-Lösung und im Dauerkampf um eine Stabilisierung der Eurozone. Gewollt und
auch ungewollt. Der 72-jährige Politprofi ist ein Meister der feinen, teils bissigen Ironie. Und er nutzt solche Sprüche gern, um seine Ziele voranzutreiben. Manchmal ist so ein
«Denglisch»-Wortgebilde aber auch unfreiwillig komisch, wie jener Satz im Oktober 2012: «It will not happen, that there will be a Staatsbankrott in Greece.»
Es klang schief, war aber ein klares Bekenntnis des deutschen Ministers und Euro-Stabilisierers im Ausland in einer auch damals aufgeheizten Stimmung: Eine Griechenland-Pleite wird es nicht geben.
Ein krawalliger, markiger Sprücheklopfer, der nur provozieren will, ist der CDU-Politiker aber keinesfalls. Der Jurist Schäuble redet Klartext, vergreift sich aber selten im Ton, wenn es darum geht, dass Regeln eingehalten werden müssen. Auch deshalb ist Schäuble spätestens seit dem ersten Hilfspaket der Europäer vom Frühjahr 2010 Hassfigur in Griechenland - auf dem selben Niveau wie die ungeliebte «Troika» aus EU-Kommission, EZB und IWF. Viele Euro-Beschlüsse tragen vor allem Schäubles Handschrift.
Auch die neue Athener Regierung reibt sich am deutschen Kassenwart, wie schon die Vorgängerregierungen. Im aktuellen Poker um eine Verlängerung der Finanzhilfe muss Schäuble wieder als Buhmann herhalten. Dabei machen alle Europartner geschlossen Front und pochen auf klare Zusagen Athens im Gegenzug für Kredite. Nicht Schäuble ist Wortführer der Kritiker, sondern andere, vor allem kleinere Länder und diejenigen, die aus der Krise kommen.
Der aktuelle Regierungschef Alexis Tsipras vom linken Wahlsieger Syriza warf Schäuble vor, die Selbstbeherrschung verloren und sich abwertend über das griechische Volkgeäußert zu haben. Hintergrund: Schäuble hatte gesagt, die Griechen täten ihm Leid. Sie hätten eine Regierung gewählt, die sich im Augenblick ziemlich unverantwortlich verhalte.
Die Parteizeitung von Syriza hatte in einer abstoßenden Karikatur Schäuble in Naziuniform mit Lust an der Vernichtung dargestellt. Was selbst dem Athener Finanzminister Gianis Varoufakis unangenehm war. «Herr Varoufakis kam zu mir und hat gesagt, dass er sich schrecklich schäme», berichtete Schäuble nach der Brüsseler Runde der EU-Minister. Er selbst sei weder verletzt, noch wütend.
Eher wohl verwundert über manchen Vorschlag aus Athen, der die Kompromissbereitschaft der Deutschen nicht gerade erhöht. Im Kreis der Euro-Gruppe duzt sich Schäuble mit Varoufakis, wie es dort üblich ist. Kleine Spitzen gegen den kantigen neuen «Kollegen» aus Athen kann sich Schäuble natürlich nicht verkneifen. Er nannte Varoufakis nach dessen langen Vorträgen im Kreis der Euro-Finanzminister in Brüssel ironisch den «berühmten Ökonomen».
Zumindest, was das Sprücheklopfen betrifft, ist der stets locker gekleidete Varoufakis ein gutes Gegenüber: Als Schäuble beim ersten Aufeinandertreffen in Berlin angesichts der Differenzen in die Kameras sagte: «We agree to disagree» («Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind.») konterte der Grieche prompt: «Wir sind uns nach meinem Verständnis nicht einmal darin einig.» (DPA)