
Chinesische Krankenschwestern sollen den Fachkräftemangel in der Pflege eindämmen. Mit einem Pilotprojekt hat der Arbeitgeberverband Pflege zunächst 27 Krankenschwestern aus China nach Baden-Württemberg geholt, die im Südwesten eine Weiterbildung zu Altenpflegerinnen erhalten. «Wir brauchen dringend Zuwanderung von Fachkräften auch aus so genannten Drittstaaten», sagte der Präsident des Verbandes, Thomas Greiner, am Mittwoch in Stuttgart.
Allein auf verstärkte Aus- und Weiterbildung von inländischen Fachkräften zu setzen, werde nicht reichen, um den Bedarf zu decken. Für das Finanzministerium ist der Versuch, auf ausländische Fachkräfte zu setzen nur «ein Baustein, um den Fachkräftemangel zu beheben».
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit gibt es in Baden-Württemberg aktuell mehr als drei Mal so viele offene Stellen im Pflegebereich wie Bewerber. «Wir haben seit 2007, 2008 gemerkt, dass die Rekrutierung von Pflegefachkräften wieder sehr viel schwieriger wird», sagte auch die Vorstandsvorsitzende des Wohlfahrtswerkes, Ingrid Hastedt.
Elf der Chinesinnen arbeiten in Altenpflegeeinrichtungen des Wohlfahrtswerkes unter anderem in Stuttgart. Auch in Ulm und Karlsruhe kommen sie bereits zum Einsatz. An dem Projekt sind auch die Bundesagentur für Arbeit und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände beteiligt.
Voraussetzung für die Pflegekräfte ist, dass sie einen chinesischen Bachelor in Krankenpflege haben sowie ein Jahr Berufserfahrung als Krankenschwester. Die Arbeitgeber wählen ihre zukünftigen Beschäftigten in China selbst aus. Anschließend lernen diese innerhalb von acht Monaten Deutsch sowie erste Kenntnisse über die Altenpflege. In Deutschland arbeiten sie zunächst als Pflegehilfskräfte und bereiten sich auf eine Anerkennung als Pflegefachkraft nach einem weiteren Deutschkurs vor. Die ersten sollen im April oder Mai ihre Anerkennung erhalten, meinte Hastedt.
Das Wohlfahrtswerk hat sich bewusst für Fachkräfte aus China entschieden. Bei Pflegern aus Spanien, Italien und Griechenland habe man Sorge gehabt, dass diese beim nächsten wirtschaftlichen Aufschwung in ihre Heimat zurückkehren würden, sagte Hastedt. «Wenn wir schon investieren in die Qualifizierung von Pflegekräften aus dem Ausland, dann soll das auch Hand und Fuß haben.» Die Kosten in Höhe von 10 000 Euro pro Person übernimmt der Arbeitgeber. Im Gegenzug bietet das Wohlfahrtswerk den Chinesen einen Arbeitsvertrag über fünf Jahre. Bisher zeigt sich der Träger zufrieden mit dem Projekt. «Wir sind sehr froh, dass es so gut läuft, wie es läuft», sagte Hastedt.
Für die Chinesen bietet Deutschland nach Angaben des Arbeitgeberverbandes Pflege einen deutlich höheren Lohn: In Peking gebe es 500 Euro im Monat für eine Pflegekraft, in Deutschland liegt der Verdienst für eine Pflegefachkraft bei 2725 Euro im Monat.
Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte: «Grundsätzlich kann die Gewinnung von Fachkräften aus anderen Ländern immer nur ein Baustein sein, um den Fachkräftemangel zu beheben.» Es müsse beispielsweise auch verstärkt auf Wiedereinsteigerinnen gesetzt werden. Für die FDP-Fraktion im Landtag zeigt das Projekt, dass «wir die Einwanderungsmöglichkeiten für solche Kräfte in Deutschland verbessern müssen», wie der sozialpolitische Sprecher Jochen Haußmann sagte.
Das Projekt war vor einem Jahr in Hessen gestartet. Neben Baden-Württemberg sollen chinesische Pflegefachkräfte auch in Hamburg und Bayern zum Einsatz kommen. Insgesamt sollen es in den vier Bundesländern bis Jahresende 150 sein. Der Arbeitgeberverband geht deutschlandweit von 30 000 fehlenden Pflegefachkräften aus. (DPA)