Abgeschobene Roma-Familie in Serbien im Elend? - Ministerium prüft

Edith Sitzmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag. Foto: I. Kjer/Archiv
Edith Sitzmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag. Foto: I. Kjer/Archiv

Nach Berichten über die elende Lage der jüngst aus Freiburg abgeschobenen Roma-Familie nach Serbien gerät das baden-württembergische Innenministerium in Erklärungsnot. Das Jugendhilfswerk Freiburg wirft der Regierung vor, die Familie mit sechs kleinen Kindern ins Nichts geschickt zu haben. Bei einem Vor-Ort-Besuch in Serbien habe sich herausgestellt, dass den Eltern und ihren Kinder bei ihrer Ankunft in Belgrad weder Geld noch eine Wohnung oder medizinische Versorgung angeboten worden sei.


Ein Sprecher des Innenministeriums sagte am Dienstagabend, man überprüfe zurzeit die Situation der Roma-Familie. Man sei in Kontakt mit den serbischen Behörden, die einen ausführlichen Bericht liefern würden. Hintergrund sei, dass der Petitionsausschuss des Landtags bestimmt habe, dass die deutschen Behörden überprüfen sollen, wie es der Familie in Serbien ergeht. Der Ausschuss hatte der Abschiebung zugestimmt.


Die erzwungene Ausreise der Familie mit Kindern im Alter von einem Jahr bis zehn Jahren hatte in Freiburg Empörung ausgelöst. Auch die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Edith Sitzmann, kritisierte die Entscheidung. Dagegen hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Abschiebung der abgelehnten Asylbewerber gerechtfertigt.


Das Jugendhilfswerk Freiburg berichtete, die Behausung der Familie in ihrem früheren Wohnort Nis bestehe aus zwei nicht bewohnbaren Räumen, die weder Fenster noch Heizung hätten. Es gebe kein fließendes Wasser, die Wände seien verschimmelt und die Zimmerdecke zerstört. Die Eltern und ihre Kinder seien vorübergehend bei Verwandten untergeschlüpft. Tagsüber halte sich die Familie beim Großvater in einem ungeheizten, kleinen Raum auf, nachts schlafe sie bei einem Onkel. Die Familie sei gesundheitlich angeschlagen und mache einen «schwer traumatisierten Eindruck».


Die Familie war im Juli 2013 nach Deutschland gekommen. Schon vor der Abschiebung hatten Unterstützer gewarnt, auf die Familie warte in Serbien ein Kampf ums Überleben - mit der Wahrscheinlichkeit von Verwahrlosung, Hunger und möglicherweise auch dem Tod von Kindern.


Ein ablehnender Asylbescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ist mit der Aufforderung zur Ausreise verbunden - meist innerhalb einer Frist von einem Monat; bei sogenannten sicheren Herkunftsstaaten wie Serbien und Mazedonien innerhalb einer Woche. Kommen die Flüchtlinge der Aufforderung nicht nach, werden sie von Polizisten abgeholt und abgeschoben.


Innenminister Reinhold Gall (SPD) war Mitte Dezember selbst nach Serbien gefahren, um zu sehen, wie zurückgeführte Flüchtlinge dort aufgenommen werden. Danach hatte er erklärt, die Behauptungen von Linken und Flüchtlingsorganisationen über die Lage auf dem Balkan hielten der Realität nicht stand. Gall beteuerte, auch ihn berühre das Schicksal der abgeschobenen Menschen. Dennoch müsse er Recht und Gesetz umsetzen. (DPA/LSW)