
Nach jahrelanger Kritik am Tempo des Rettungsdienstes in Baden-Württemberg arbeitet die Landesregierung an einer Gesetzesänderung. Ziel sei es, den Streit zu entschärfen und die Vorgaben der veränderten Realität anzupassen, sagte der für die Notfallrettung zuständige Referatsleiter im Innenministerium, Hermann Schröder, am Montag in Stuttgart. Die Fristen, innerhalb derer Rettungskräfte an einem Einsatzort sein müssen, sollen demnach verlängert werden.
Geplant sei eine Gesetzesänderung im Laufe des nächsten Jahres. Die Details würden derzeit unter Fachleuten diskutiert, sagte Schröder. Er bestätigte damit einen Bericht der «Stuttgarter
Nachrichten». In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik gegeben, weil Retter und Notärzte spät am Einsatzort ankamen.
Zuletzt geändert worden war das Gesetz im Dezember 2009. Demnach müssen sowohl Notärzte als auch Rettungswagen binnen 10, in Ausnahmefällen innerhalb von 15 Minuten am Einsatzort sein. In Zukunft solle das erste Rettungsmittel - in der Regel der Rettungswagen - in 12 Minuten vor Ort sein müssen. Der Notarzt habe dann 18 Minuten Zeit.
Zudem soll das auf Bundesebene neu geschaffene Berufsbild des Notfallsanitäters erstmals in das Landesgesetz aufgenommen werden. Im Vergleich zum bisherigen Rettungsassistent darf der Notfallsanitäter nach dreijähriger Ausbildung medizinische Tätigkeiten übernehmen, die bislang dem Notarzt vorbehalten waren. Damit werde schnellere Hilfe möglich, sagte Schröder. Das Warten auf den Notarzt in lebensbedrohlichen Situationen gehöre der Vergangenheit an.
Gleichzeitig sollen die Rechte von ehrenamtlichen Erstrettern, die als «Helfer vor Ort» besonders schnell am Einsatzort sind, gestärkt werden. «Helfer vor Ort», auch «first responder» genannt, gibt es vor allem in ländlichen Gebieten, in denen die Profiretter lange Anfahrtswege haben. Sie sorgen für Erste Hilfe, bis der Rettungswagen eintrifft.
Der Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft südwestdeutscher Notärzte, Eduard Kehrberger, sieht die geplante Regelung als «sehr grenzwertig» an. Besonders die 18 Minuten für den Notarzt seien nicht sinnvoll. «Dann ist es für eine Reanimation viel zu spät», sagte er den «Stuttgarter Nachrichten».
Messlatte dürfe nicht der Ist-Zustand sein, sondern die Zielvorgabe, die das aktuelle Rettungsdienstgesetz vorgebe, hieß es beim Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). «10 bis höchstens 15 Minuten in 95 Prozent der Einsätze, dahinter dürfen wir nicht zurück», sagte Präsident Lorenz Menz laut Mitteilung. Das DRK lehne jede Verschlechterung bei den gesetzlichen Vorgaben für die Notfallrettung im Land ab. (DPA/LSW)