250. Montagsdemo gegen Stuttgart-21-Tiefbahnhof

Die Veranstalter erwarteten bis zu 5000 Teilnehmer. Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Die Veranstalter erwarteten bis zu 5000 Teilnehmer. Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Unter dem Motto «Köpfchen zeigen, oben bleiben» haben sich mehrere Tausend Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 zur 250. Montagsdemo vor dem Hauptbahnhof versammelt. Sie brachten Plakate und Banner mit, auf denen unter anderem zu lesen war: «Ich schäme mich für Stuttgart 21», «Wahnhof 21», «Nix als Murks». Nach Angaben der Veranstalter nahmen 7000 Menschen an der Kundgebung und dem anschließenden Zug durch die Innenstadt teil. Die Polizei konnte zunächst keine Angaben machen.


«Dies zeigt, dass die Menschen auch fünf Jahre nach der ersten Montagsdemo weiterhin bereit sind, für den Erhalt und den Ausbau des bestehenden und gut funktionierenden Kopfbahnhofs auf die Straße zu gehen», sagte der Sprecher der Parkschützer, Matthias von Herrmann. Die große Zahl der Teilnehmer sei nicht verwunderlich angesichts von S-Bahn-Chaos, Lärm und Schmutz in der City und von fehlenden Geldern für den Ausbau des Nahverkehrs.


Der Widerstand hatte im Oktober 2009 mit einer Handvoll Kritikern begonnen und zeitweise viele Zehntausend Teilnehmer auf die Straße gebracht. Hannes Rockenbauch, Stadtrat der Gruppe Stuttgart Ökologisch Sozial und vehementer S-21-Gegner, rief zur Fortsetzung des Protests auf: «Das Projekt ist noch nicht fertig geplant, genehmigt, finanziert und lange noch nicht gebaut.»


Auch der Schauspieler Walter Sittler lobte den langen Atem der Bewegung und fügte hinzu: «Eine wann auch immer getroffene Entscheidung, die sich als falsch herausstellt, kann nicht mit noch so viel Geld in eine richtige umgemodelt werden.» Die bis zu 6,5 Milliarden Euro für das Bahnprojekt seien viel notwendiger für den Anschluss ländlicher Regionen an das Bahnnetz, funktionierende Bahnhöfe, Erhalt der Autoreise- und Nachtzüge und weitere Elektrifizierung der Bahn.


Nach Ansicht von Regisseur Volker Lösch gibt es Dank der Stuttgart-21-Gegner kein Zurück mehr in die Zeiten grenzenlosen Politik-Vertrauens: «Der unpolitische Bürger gehört in Stuttgart der Vergangenheit an.» Scharf ging er mit den Grünen ins Gericht: Deren Wahlversprechen, die Bürger an Politik zu beteiligen, sei «die größte Lüge dieser inzwischen erschreckend opportunistischen (...) Mainstream-Partei». Das Ende anderer Projekte in weit späterem Baufortschritt als Stuttgart 21, etwa des Schnellen Brüters in Kalkar oder des Transrapids, stimme ihn zuversichtlich. Seine Prognose: Der Tiefbahnhof werde nicht wie geplant gebaut.


Der frühere Stuttgarter Bahnhofsvorsteher Egon Hopfenzitz machte auf von ihm diagnostizierte Engpässe in der geplanten unterirdischen Station aufmerksam. Auf dessen acht Gleisen könnten nur 32 Züge in der Stunde während der Rush-Hour am Morgen abgefertigt werden. Momentan werden nach Angaben der Gegner im bestehenden Kopfbahnhof mit seinen 16 Gleisen 38 Züge in der Spitzenstunde abgewickelt, seine Möglichkeiten reichten bis zu 52 Zügen.


Nach Ansicht von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) haben die Stuttgart-21-Gegner dazu beigetragen, dass mit Großprojekten in Deutschland anders umgegangen wird. Der anhaltende Widerstand habe dazu geführt, dass Betroffene von Großprojekten deutlich früher und in viel größerem Maß als bisher beteiligt werden.


Hans Pöthig hat bereits 150 Montagsdemos auf dem Buckel und will seinen Widerstand nach eigenen Worten nicht aufgeben. Das Projekt sei noch zu kippen. Überdies wolle er mithelfen, die Demokratie zu erneuern. In wichtige Entscheidungen müssten die Bürger künftig besser einbezogen werden, meinte der 76-jährige Stuttgarter. Mitstreiterin Ingrid Hassler liegen die Anliegen der Behinderten besonders am Herzen. Der Brandschutz im Tiefbahnhof sei noch ungeklärt und das große Gefälle der Bahnsteige im Tiefbahnhof sei für Rollstuhlfahrer gefährlich, sagte die Seniorin. (DPA/LSW)