
Die Integration behinderter Kinder in die allgemeinen Schulen wird aus Sicht von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) doch nicht so horrend teuer wie bislang befürchtet. «Zunächst werden wir überschaubare Aufwendungen haben, keine massenhaften Mehrkosten», sagte Stoch der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Gespräche zur Finanzierung der Inklusion mit den Kommunalverbänden will Stoch noch vor Jahresende abschließen, damit der Landtag seine Schulgesetznovelle noch rechtzeitig für das kommende Schuljahr 2015/16 verabschieden kann.
Die Verhandlungen liefen unter Hochdruck, um - wie in der Vergangenheit auch bei anderen Themen - pragmatische Lösungen zu finden.
An diesem Montag geben Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) und Landkreistagspräsident Joachim Walter den Startschuss für eine Inklusionskampagne.
Stoch erwartet, dass zunächst wie in den bisherigen Modellregionen gut 25 Prozent der Eltern ihre behinderten Kinder in Regelschulen anmelden. Synergieeffekte könnten sich ergeben, wenn wie geplant anstelle von Einzelinklusion Gruppen von behinderten Kindern in den Klassen unterrichtet würden. Kollegen aus anderen Bundesländern hätten ihm versichert, dass Kostensteigerungen relativ moderat ausfallen, fasse man Gruppen behinderter Schüler dort zusammen, wo es pädagogisch und räumlich sinnvoll sei.
Auch die Kosten für die von den Kommunen bezahlten Schulassistenten, die den Kindern ganz praktisch zur Hand gehen, könnten sich bei Gruppeninklusion günstiger darstellen als bislang, meinte Stoch. Es stelle sich die Frage, ob wirklich hinter jedem behinderten Kind noch ein Schulassistent gebraucht werde, zumal wenn wie vorgesehen zwei Lehrer in Inklusionsklassen unterrichten, einer davon ein Sonderpädagoge. Insofern könnte es zu Entlastungen der kommunalen Schulträger kommen. Wie die Kosten sich bei zunehmender Inanspruchnahme der neuen Wahlfreiheit der Eltern entwickelten, sei allerdings nicht vorhersehbar. «Was mittel- und langfristig passiert, wissen wir alle nicht.»
Zugleich kündigte Stoch an, dass das Land nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen Budgets einrichten werde. Der Städtetag hatte diese vom Land zu speisenden Töpfe vorgeschlagen. Das Modell der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen sieht zwei Körbe vor, von denen einer mit Mitteln für die kommunalen Schulträger gespeist ist, etwa für bauliche Maßnahmen für Barrierefreiheit oder die Kosten der Schülerbeförderung. Der andere Korb enthält Mittel für nicht-lehrendes Personal zum Beispiel Sozialpädagogen - nicht aber für Schulassistenten.
Nach Stochs Worten sollen die geplanten Pauschalen drei bis fünf Jahre nach ihrer Einführung überprüft werden. Es müsse festgestellt werden, welche Mehrkosten in welchen Bereichen entstanden sind und wer Kostenträger ist, um dann den Ausgleich zwischen Land und Kommunen zu finden.
Das Argument der Kommunen, bei Inklusion gelte grundsätzlich das Konnexitätsprinzip (Wer bestellt, bezahlt.) und das Land sei finanziell zuständig, sieht Stoch kritisch: «Die Verantwortung hin und her zu schieben, funktioniert bei der Inklusion nicht.» Der Bundestag habe der UN-Konvention zur Teilhabe von Menschen in deutsches Recht übernommen. «Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die alle politischen Ebenen Verantwortung tragen.» (DPA/LSW)