Karikaturisten verwundert über türkische Kritik: Demo in Stuttgart

Karikaturisten verwundert über türkische Kritik: Demo in Stuttgart
Karikaturisten verwundert über türkische Kritik: Demo in Stuttgart

Die Karikaturisten Achim Greser und Heribert Lenz haben kein Verständnis für die Kritik aus der Türkei an einer ihrer Zeichnungen. Darin wird der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan aus Sicht des Außenministeriums in Ankara verunglimpft. Eigentlich zeige die Karikatur ein positives Beispiel für gelungene Integration, sagte Heribert Lenz hingegen am Mittwoch in Aschaffenburg der Nachrichtenagentur dpa. «Leute, die das fehlinterpretieren, haben den eigentlichen Witz nicht verstanden.» 

Gut zwei Dutzend Menschen demonstrierten am Mittwoch vor dem Kultusministerium in Stuttgart, das die Verwendung der Zeichnung in einem Schulbuch für das Fach Gemeinschaftskunde genehmigt hatte.


Diese zeigt zwei Männer in bayerischer Tracht vor einer Berghütte namens «Üzrüms Alpenglück». Der eine raucht Wasserpfeife, dem anderen scheint das Essen zu scharf zu sein. Die Türkei beanstandet aber vor allem einen zähnefletschenden Hund in Ketten im Hintergrund. Auf seiner Hundehütte steht «Erdogan».


Das türkische Außenministerium hatte am Montagabend seinen Ärger öffentlich erklärt und damit einen kleinen politischen Eklat ausgelöst. Der deutsche Botschafter in der Türkei, Eberhard Pohl, musste sich erklären. Der türkische Generalkonsul in Stuttgart, Ahmet Akinti, traf sich am Dienstag mit Kultusminister Andreas Stoch (SPD). Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verteidigte die Karikatur, auch der Schulbuchverlag rechtfertigte die Nutzung.


Das Zeichnerduo zeigte sich verärgert über die Kritik. Die Hundehütte sei ein kleiner Nebenschauplatz auf der Karikatur, betonte Lenz. «Zumal überhaupt nicht klar ist, ob mit dem Hund der Präsident gemeint ist.» Andersrum sei es für einen Künstler natürlich schön, wenn er Zuspruch erlebe. Das altehrwürdige Gewerbe habe in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren, sagte Lenz.


In Stuttgart versammelten sich am Mittwoch einige Demonstranten vor dem Ministerium mit einem Plakat, auf dem neben der Karikatur der Spruch zu sehen war: «Jetzt reicht's! Hetze und Rassismus unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit! Und jetzt auch in Lehrbüchern!». Die Protestaktion sei von den «Türkisch Europäischen Demokraten» angemeldet worden, sagte ein Sprecher der Stadt.


Ursprünglich war die Karikatur schon im Jahr 2011 in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» erschienen - also zu einer Zeit, als Erdogan noch gar nicht Präsident in der Türkei war. Dass sie eine solche Debatte auslöst, war laut Lenz damals nicht beabsichtigt. «Damit hat keiner gerechnet, schon mal gar nicht jetzt.» So etwas sei ihnen noch nie passiert. Wegen des großen Interesses an der Zeichnung stellten die Schaffer diese aber wieder auf ihrer Homepage unter der Rubrik «Der aktuelle Witz» prominent online.


In einem Kommentar in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» am Mittwoch erklärten sie als Reaktion: «Humor- und Ironiekompetenz sind leider im Niedergang begriffen.» In diesem Fall hätten sie aber eher Beschwerden vom Deutschen Alpenverein, von konservativen bayerischen Heimatvereinen oder von türkischen Nahrungsmittelproduzenten erwartet, nicht aber vom türkischen Präsidenten. (DPA/LSW)