
Die Verbraucher können sich über Preissenkungen bei Milch, Molkereiprodukten und Fleisch freuen. Ein Überangebot macht das möglich. Dagegen bereitet Landwirten die Talfahrt große Sorgen. Milch und weitere Grundnahrungsmittel werden billiger. Die Discounter Aldi Nord und Aldi Süd läuteten eine Preissenkungsrunde im Handel ein. Sie senkten die Preise für Frischmilch und H-Milch um jeweils zehn Cent je Liter. Auch bei einer Reihe von Molkereiprodukten wie Quark, Sahne und Kondensmilch sowie Fleischwaren wie Hackfleisch setzen die beiden Schwesterunternehmen den Rotstift an. Aldi-Konkurrenten künfigten an, nachziehen zu wollen.
Landwirte betrachten die Preisentwicklung mit großer Sorge. Außerdem übten Tier- und Umweltschützer heftige Kritik an den zum Teil prozentual zweistelligen Preisabschlägen bei Aldi.
Aldi gilt im deutschen Lebensmittelhandel als Schrittmacher. An den Preisen der Discounter orientieren sich erfahrungsgemäß auch große Supermarktketten in ihrer untersten Preislage mit Eigenmarken-Produkten. Konkurrent Lidl reagierte prompt: «Lidl Deutschland vollzieht die von einem Mitbewerber ausgelöste Preissenkung ebenfalls nach und folgt damit dem Gesamtmarkt», hieß es in einer Mitteilung. Auch der Discounter Norma senkte eine Reihe von Preisen. Ein Sprecher von Rewe und Penny kündigte an, man werde mit den «jeweiligen Preiseinstiegseigenmarken auf die vom Wettbewerb ausgelöste Preisrunde bei Milch und Fleisch reagieren». Die Edeka-Tochter Netto-Markendiscount teilte mit, Einkaufsvorteile an die Kunden weitergeben zu wollen. Von Edeka war zunächst keine Auskunft zu erhalten.
Bei Milcherzeugern wird die Entwicklung mit großer Sorge betrachtet. «Wir steuern wieder auf eine Krise zu», sagte der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, Hans Foldenauer, der Nachrichtenagentur dpa. Eine weltweit hohe Milchproduktion und eine schwächere Nachfrage aus Asien drückten auf die Preise. Die russischen Sanktionen sei dabei ein zusätzlicher Effekt gewesen. «Russland hat das Fass zum überlaufen gebracht», schilderte er.
Der Verband geht davon aus, dass der Auszahlungspreis der Molkereien für die Milchviehhalter in Deutschland Richtung 30 Cent je Kilogramm Rohmilch sinken wird. Das sei zwar mehr als im zurückliegenden Krisenjahr 2009, als der durchschnittliche Auszahlungspreis zeitweise nur noch knapp über 20 Cent je Kilogramm Rohmilch gelegen habe. «Durch die hohen Kostensteigerungen wären 30 Cent je Kilogramm mit der Situation von 2009 vergleichbar», unterstrich Foldenauer.
Aktuell betrage der Auszahlungspreis im Durchschnitt schätzungsweise 33 Cent je Kilogramm Rohmilch. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter fordert von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) einen Runden Tisch, um Schritte zur Stabilisierung zu beraten.
Nach einer Auswertung des Agrarinformationsdienstes AMI war der durchschnittliche Auszahlungspreis der Molkereien an die Milchbauer 2013 mit knapp 38 Cent je Kilogramm auf ein Allzeithoch gestiegen. Im laufenden Jahr ging es bis September auf schätzungsweise knapp 36 Cent je Kilogramm im bundesweiten Durchschnitt wieder bergab. (DPA)