Umgang mit Mappus-Mails in Regierungskoalition umstritten

Mappus, ehemaliger baden-württembergischer Ministerpräsident. Foto: F.Kraufmann/Archiv
Mappus, ehemaliger baden-württembergischer Ministerpräsident. Foto: F.Kraufmann/Archiv

Das Staatsministerium will die Mails des ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) nun doch löschen und verärgert damit Grüne und SPD. Der Grünen-Obmann im Untersuchungsausschuss Schlossgarten II, Uli Sckerl, äußerte sich am Dienstag in Stuttgart unzufrieden über den Beschluss und unterstrich das Informationsrecht des Gremiums. «Der Untersuchungsausschuss wird zur Wahrung der Interessen des Parlaments weiterhin versuchen, Einsicht in die dienstlichen Mails zu erhalten.» Der Anspruch darauf sei immer noch berechtigt.

Sein Parteifreund Regierungschef Winfried Kretschmann verteidigte hingegen den Beschluss, der sich an einem Gutachten eines Rechtsanwaltes orientiere. Demnach komme eine Verwendung der Dateien mit Ausnahme der Verwahrung im Landesarchiv nicht in Betracht.


Der Anwalt von Mappus, Arnd Pannenbecker, begrüßte hingegen die Entscheidung des Staatsministeriums: «Offensichtlich ist die Landesregierung zur Besinnung gekommen und erinnert sich daran, dass ein rechtskräftiges Urteil umzusetzen ist.» Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hatte die Löschung der personenbezogenen Dateien angeordnet und damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bestätigt.


Die CDU-Fraktion wertet die Entscheidung als einen versuchten Befreiungsschlag von Kretschmann. Dieser solle davon ablenken, dass die Regierung Einfluss auf die Beratungen des Untersuchungsausschusses nehme und sei weniger der Rechtsstaatlichkeit geschuldet.


SPD-Obmann Sascha Binder zeigte sich «überrascht», zumal der Regierungsbeauftragte im Ausschuss die Rechtsauffassung von Grünen und SPD geteilt habe. Dass das Staatsministerium Medien früher von seiner Entscheidung unterrichte als das Gremium selbst, erstaune ihn ebenfalls, fügte der SPD-Obmann hinzu. Laut Staatsministerium war aber der Ausschussvorsitzende Jürgen Filius (Grüne) am Montag von dem Beschluss in Kenntnis gesetzt worden.


In seiner Prüfung war das Staatsministerium mit Hilfe des Juristen zu dem Ergebnis gekommen, dass das VGH-Urteil schwerer als der Wunsch des Ausschusses nach Einsicht in die Dokumente wiege. Die für Montag vergangener Woche geplante Löschung war wegen der Forderung der grün-roten Ausschussmehrheit nach Einsicht in die Dateien abgeblasen worden.


Mappus war bereits gegen die Weigerung des Staatsministeriums, die Mails zu löschen, juristisch vorgegangen. So habe er dem Staatsministerium eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils der Verwaltungsgerichts Karlsruhe zukommen lassen und Eilantrag beim selben Gericht auf Nicht-Weitergabe der Dateien an den Ausschuss gestellt, erläuterte sein Anwalt. Dass Ausschussmitglieder auf Einsicht beharrten, werfe kein gutes Licht auf deren Rechtsstaatsverständnis.


Vor dem Löschen sollen die Dateien dem VGH-Beschluss gemäß dem Landesarchiv übergeben werden. Dafür stehe noch kein Termin fest, sagte der Sprecher des Staatsministeriums. «Wenn der Ausschuss die Mails haben will, kann er sich dann an das Landesarchiv wenden oder die Staatsanwaltschaft, die hat die auch.» Dem widersprach Mappus' Anwalt. Nur wenn das Archiv den Dateien besonders historisches Interesse bescheinige, würden sie als Archivgut aufgenommen und dann mindestens 30 Jahre unter Verschluss gehalten. Ansonsten würden die Mails endgültig gelöscht.


Das scheint aber nicht wahrscheinlich. «Angesichts des politischen Kontextes kann davon ausgegangen werden, dass das Material in weiten Teilen bleibenden Wert hat», sagte der Präsident des Landesarchivs, Robert Kretzschmar, der dpa. Der Zeitpunkt für das Löschen der Mails werde durch das Landesarchiv bestimmt. Erst wenn die Dateien in das digitale Archiv eingespielt und gesichert seien, könne das Staatsministerium die Daten löschen.


Der U-Ausschuss soll klären, ob es politischen Einfluss auf den harten Polizeieinsatz gegen Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 Ende September 2010 gab. Die Sicherungskopien vom Computer des ehemaligen Regierungschefs stammen aus dem Jahr 2010. Grüne und SPD im Ausschuss mutmaßen, dass Mappus Einfluss auf die Marschroute der Polizei am sogenannten Schwarzen Donnerstag genommen hatte. (DPA/LSW)