Baden-Württemberg knüpft Reform des Länderfinanzausgleichs an Soli

Bundesverfassungsrichter Ferdinand Kirchhof. Foto: Uli Deck/Archiv
Bundesverfassungsrichter Ferdinand Kirchhof. Foto: Uli Deck/Archiv

Baden-Württemberg knüpft die Umgestaltung des Länderfinanzausgleichs an die Neuverteilung des Aufkommens aus dem Solidaritätszuschlag. «Wenn die Verhandlungen über den Soli nicht befriedigend laufen für Baden-Württemberg, werden wir bei der Reform des Länderfinanzausgleichs umso härter auftreten müssen», sagte Finanzminister Nils Schmid (SPD) der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Ähnlich äußerte er sich in der «Stuttgarter Zeitung». Schmid schloss nicht aus, dass sich Baden-Württemberg doch noch der Verfassungsklage Hessens und Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich anschließe. 

«Wir haben nur gesagt, dass wir zunächst auf Verhandlungen setzen», sagte der SPD-Politiker, der auch Vize-Regierungschef in der grün-roten Landesregierung ist. «Aber dann müssen die Verhandlungen eben auch etwas Vorzeigbares für Baden-Württemberg bringen.» CDU und FDP forderten die grün-rote Landesregierung auf, sich endlich der Klage anzuschließen.


Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, sprach sich für eine tiefgreifende Reform der deutschen Finanzverfassung aus. Für besonders dringlich hält der Staatsrechtler eine radikale Umstellung des Länderfinanzausgleichs. «Ich plädiere für ein einfaches Modell, das den Finanzausgleich auf seine Wurzeln zurückführt», sagte Kirchhof der «Welt am Sonntag».


Es genüge, wenn der Bund jedem der 16 Länder ein Existenzminimum an finanzieller Ausstattung garantiere, «das sich nach seiner Einwohnerzahl oder Fläche richtet und das es unbedingt braucht, um seine Aufgaben erfüllen zu können - mehr nicht», sagte Kirchhof. Die horizontalen Ausgleichszahlungen würden in diesem Konzept ersatzlos gestrichen.


FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte die Landesregierung auf, sich umgehend der Klage von Hessen und Bayern anzuschließen, wenn schon «das Gericht den status quo infrage stellt».


An diesem Donnerstag kommen die Finanzminister von Bund und Ländern zusammen, um über eine Reform der Finanzbeziehungen zu beraten. Im ersten Schritt soll es darum gehen, die Finanzverhältnisse zwischen Bund und Ländern zu klären - hier geht es vor allem um die künftige Verwendung des Soli. Im Anschluss soll der Finanzausgleich der Länder untereinander (Länderfinanzausgleich) beraten werden.


Schmid bekräftigte, Baden-Württemberg lehne es ab, mit dem Soli einen Altschuldentilgungsfonds für hoch verschuldete Länder zu finanzieren. «Denn dann würden die Geberländer des Länderfinanzausgleichs zusätzlich benachteiligt.» Er plädierte dafür, den Soli in die Einkommenssteuer zu integrieren, damit auch die Länder und Gemeinden automatisch profitieren. Bislang fließt der Soli dem Bund zu.


«Die Länder stehen unter dem Druck der Schuldenbremse, und sie müssen mehr in Bildung und Betreuung von Kindern investieren», erklärte er. Baden-Württemberg setze darauf, dass die Länder durch den Soli mehr finanzielle Spielräume bekommen, so dass dann die Verhandlungen über den künftigen Länderfinanzausgleich einfacher werden.


In der «Stuttgarter Zeitung» lehnte Schmid auch Forderungen ab, die Finanzkraft von Städten und Gemeinden stärker beim Finanzausgleich anzurechnen. In diesem Fall müsste Baden-Württemberg jährlich über 700 Millionen Euro mehr in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Dies sei für Baden-Württemberg völlig inakzeptabel, so Schmid.


CDU-Landeschef Thomas Strobl kritisierte, Grün-Rot tänzele nur um eine Klage herum, während auf dem Verhandlungsweg nichts passiere. Rülke bezeichnete es als vollkommen unrealistisch, darauf zu hoffen, dass der Bund den Ländern Geld aus dem Soli zukommen lasse.


Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) pochte erneut darauf, die «Südschiene» zu aktivieren. «Wenn wir mit Bayern und Hessen an einem Strang ziehen, haben wir gute Chancen, bei den kommenden Verhandlungen die jetzige Schieflage zu begradigen», sagte er.


Nach jüngsten Berechnungen des Bundes zahlte Baden-Württemberg allein im ersten Halbjahr des laufenden Jahres rund 1,26 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich ein. Bei Bayern waren es 2,62 Milliarden Euro. Hessen stand mit 680 Millionen Euro an dritter Stelle der Geber. Größter Empfänger war Berlin mit 1,73 Milliarden Euro. Der seit Jahren umstrittene Finanzausgleich regelt die Verteilung der Einnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Er muss bis 2019 neu gefasst werden, weil dann der Solidarpakt ausläuft. (DPA/LSW)