Ferrari California T: Schnella Italia

So wird der Wagen zum König des Katapultstarts: Von 0 auf Tempo 100 geht es in 3,6 Sekunden. Nach 11,2 Sekunden sind bereits 200 km/h erreicht. Beim Kickdown quietschen die Reifen. Foto: Ferrari
So wird der Wagen zum König des Katapultstarts: Von 0 auf Tempo 100 geht es in 3,6 Sekunden. Nach 11,2 Sekunden sind bereits 200 km/h erreicht. Beim Kickdown quietschen die Reifen. Foto: Ferrari

20 Jahre nach dem F40 bringt Ferrari im California wieder einen Turbo. Aber keine Sorge: Der luxuriöse Leistungssportler wird nicht nur sparsamer, sondern auch stärker - und schneller. Wer geht schon mit einer Nährwerttabelle ins Sterne-Restaurant? So wie echte Gourmets keine Kalorien zählen, ist Ferrari-Fahrern der Verbrauch herzlich egal. Nicht umsonst ist die Marke aus Maranello wahrscheinlich die letzte, die dazu selbst in den tiefsten Menü-Ebenen des Bordcomputers keinerlei Angaben macht. 

Doch so ganz abkoppeln vom Trend zur neuen Nachhaltigkeit und vor allem zu immer schärferen Steuer- und Emissionsgrenzwerten können sich die Italiener nicht.

 

Sparen ist nur die Ausrede fürs Spurten

Wenn nach den Sommerferien zu Preisen ab 183 499 Euro die Auslieferung des überarbeiteten California beginnt, gibt es nicht nur ein nachgeschärftes Design sowie ein neues Setup für die elektronische Regelung von Fahrwerk, Lenkung, Doppelkupplung und ESP. Sondern vorn unter der Haube mit den großen Nüstern schlägt ein neues Herz: Zum ersten Mal seit über 20 Jahren baut Ferrari wieder einen Turbo.

 

Vordergründig geht es den Italienern dabei tatsächlich ums Sparen. Immerhin beziffern sie den Verbrauchsvorteil des von 4,3 auf 3,9 Liter geschrumpften Motors mit etwa 15 Prozent und freuen sich über einen bei der Marke bislang unerreichten Normwert von 10,5 Litern (CO2-Ausstoß 250 g/km). Doch sobald man am Steuer sitzt, werden solche Werte recht nebensächlich. Schon der irre Sound beim Anlassen löscht gnadenlos das zarte Flämmchen der Vernunft, und wenn mit der Wucht eines Vorschlaghammers der erste Gang ins Getriebe knallt, zählen ganz andere Zahlen. Zum Beispiel die Leistung, die mal eben von 360 kW/490 PS auf 412 kW/560 PS angehoben wurde. Oder mehr noch das maximale Drehmoment, das jetzt erst bei 755 Nm erreicht wird und damit 50 Prozent über dem Vorgänger liegt.

 

In der Praxis besser als auf Papier

Schon auf dem Papier sind das imposante Werte. Doch in der Praxis fühlt sich der Ferrari damit an, als wäre er ein ganz anderes Auto. Schon immer stark und schnell, wird der California zum König des Katapultstarts: Nicht umsonst nimmt er dem Vorgänger beim Spurt von 0 auf Tempo 100 in 3,6 Sekunden die kleine Ewigkeit von zwei Zehnteln ab, hat schon nach 11,2 Sekunden 200 Sachen auf dem Tacho und stürmt ungeniert bis 316 km/h. Beim Kickdown quietschen die Reifen und die Stabilitätskontrolle hat ihre liebe Mühe, die Kraft zu kanalisieren. Überholen wird selbst zwischen zwei engen Kurven zum Kinderspiel. Wenn die Gerade mal etwas länger ist, kann man bei Vollgas auch die stabilste Föhnwelle aus der Form bringen.

 

Der Motor ist spontan wie kaum ein anderer Turbo. Doch Geduld muss der Fahrer trotzdem mitbringen: Bevor das Vergnügen so richtig beginnt, zwingt einen der California erst einmal knapp 20 Sekunden in den Stillstand. Denn anders als bei der Konkurrenz lässt sich das versenkbare Hardtop nicht während der Fahrt bewegen.

 

Ein Ferrari für den Alltag

Im Grunde ist das bei einem Ferrari eine Sünde. Denn wenn nichts als das Fahren im Focus steht, werden Bedienkomfort, Platzangebot und Ausstattung zur Nebensache. Doch beim California ist das etwas anderes. Schließlich sprechen die Italiener selbst vom alltagstauglichsten ihrer Autos und legen deshalb auch Wert auf die neuen Sitze mit dem besseren Langstrecken-Qualitäten, auf die softere Abstimmung im «Comfort»-Modus oder die längere Übersetzung im siebten Gang, die neben dem Verbrauch auch den sensationellen Sound zügelt.

 

So faszinierend der Ferrari als exotischer Extremist ist, so schwer tut er sich, wenn man ihn tatsächlich durch die Brille des Alltagsnutzers sieht: Zwar kann man die 560 Pferde bei entsprechender Willensstärke wirklich entspannt dahin traben lassen und einfach nur die Sommerlaune genießen. Aber je weiter man den Spitzensportler damit vom Sockel holt, desto enttäuschender erscheint einem auch das neue Navigationssystem, desto mehr wird die Rückbank zur belederten Gepäckschale mit Sicherheitsgurten und desto kürzer wirkt die Liste der Assistenzsysteme. Aber wirklich wichtig ist das natürlich nicht. Denn selbst der alltagstauglichste Ferrari wird im Schnitt nur 8000 Kilometer pro Jahr gefahren. Und wer knapp 200 000 Euro für so ein Sommerauto ausgibt, hat für die Autobahn oder den Stadtverkehr genug Alternativen in der Garage.

 

Fazit: Ein Auto für die Sonnenseite des Lebens

Nein, der Ferrari California ist nicht perfekt. Aber wer auf der Sonnenseite des Lebens steht, kann über ein bisschen Schatten locker hinweg schauen. Erst recht, wenn dort alles stimmt, wo es bei einem Sportwagen wirklich drauf ankommt: unter der Haube. Und da hat Ferrari mit dem neuen Turbo einen großen Wurf gelandet. Stark, spontan, soundgewaltig und auch noch ein bisschen sparsam - so macht Downsizing sogar auf der Überholspur Spaß.

 

Datenblatt: Ferrari California T

Motor und Antrieb: V8-Turbo-Benzin-Direkteinspritzer
Hubraum: 3855 ccm
Max. Leistung: 412 kW/560 PS bei 7500 U/min
Max. Drehmoment: 755 Nm bei 4750 U/min
Antrieb: Heckantrieb
Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgtetriebe
Maße und Gewichte  
Länge: 4,57 m
Breite: 1,91 m
Höhe: 1,32 m
Radstand: 2,67 m
Leergewicht: 1730 kg
Zuladung: k.A.
Kofferraumvolumen: 240-340 Liter
Fahrdaten  
Höchstgeschwindigkeit: 316 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 3,6 s
Durchschnittsverbrauch: 10,5 Liter/100 km
Reichweite: 740 km
CO2-Emission: 250 g/km
Kraftstoff: Super
Schadstoffklasse: k.A.
Energieeffizienzklasse: k.A.
Kosten  
Basispreis der Modellreihe: 183 499 Euro
Grundpreis des California T: 183 499 Euro
Typklassen: individuelle Einstufung
Kfz-Steuer: 388 Euro/Jahr
Wichtige Serienausstattung  
Sicherheit: vier Airbags, ESP, Keramik-Bremsen
Komfort: Ledersitze, Klimaautomatik, Navigationssystem
Spritspartechnik: Start-Stopp-Automatik

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

 

(DPA-INFOCOM)

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