LVI: Bei der Umsetzung der Energiewende hakt es gewaltig

Konjunktur: Verstetigung auf stabilem Niveau
Konjunktur: Verstetigung auf stabilem Niveau

Stuttgart, 4. Juni 2014 Der zarte Wachstumskurs, der sich seit Ende 2013 abzeichnete, hat sich zu einer moderaten Verstetigung der konjunkturellen Belebung entwickelt. „Privater und öffentlicher Konsum im Inland sind im Moment eine stabile Basis für die wirtschaftliche Entwicklung“, betonte LVI-Präsident Dr. Hans-Eberhard Koch, ergänzte aber sogleich: „Die Risiken sind jedoch allgegenwärtig.“

Die Lage in der Ukraine sowie die Unsicherheit an den Finanzmärkten wirken weiterhin belastend, zudem verursacht die Europawahl manche Sorgenfalte. Umso wichtiger, dass die Politik hierzulande die Weichen richtig stellt: Rahmenbedingungen für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung müssen stimmen, um die hiesige Industrie auf einen nachhaltigen und höheren Wachstumspfad zu führen. „Priorität hat dabei die Energiewende“, unterstrich der LVI-Präsident, der zudem mahnend auf die Verkehrsinfrastruktur blickte.

 

Die Stimmungslage der Unternehmen im Land ist weiterhin recht gut und spricht für die Fortsetzung des Konjunkturaufschwungs. „Für den Bund erwarten wir ein Wachstum im Bereich um 1,6 Prozent. Baden-Württemberg wird mit 1,8 – 2,0 Prozent BIP-Wachstum darüber liegen“, schätzte Dr. Koch die wirtschaftliche Entwicklung ein. Die im vorangegangenen Quartal deutliche Investitionszurückhaltung scheint überwunden. Zu Jahresbeginn zogen die Investitionen an. Von der weiteren Entwicklung im Euroraum hängt viel ab: Erholen sich Frankreich und Italien, wird dies auch in Baden-Württemberg spürbar.

 

Die Regierungen auf Bundes- und Länderebene müssen nun die Weichen richtig stellen, um Wachstumsimpulse und die globale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu stärken. Durch günstigere Rahmenbedingungen können Investitionen, Wachstum und damit Wohlstand und Beschäftigung unterstützt werden. Im laufenden Jahr sollten die zentralen wirtschaftspolitischen Themen, wie eine bezahlbare Energieversorgung, eine leistungsfähige Infrastruktur (Verkehr, Energie, Kommunikation), weiterhin flexible Arbeitsmarktregelungen, ein einfacheres Steuersystem sowie eine investitions- und forschungsfreundliche Besteuerung ermöglicht werden.

 

Der momentane Kurs der Großen Koalition lässt indes eher negative Veränderungen erwarten. Der geplante Mindestlohn und die Rentenreform werden die Rahmenbedingungen spürbar verschlechtern. Auch die Pläne zur Reform des EEG erscheinen nicht sehr industriefreundlich. Zwar befindet sich Deutschland kurzfristig auf einem positiven Pfad; die gute Position im internationalen Vergleich darf aber nicht über anstehende Herausforderungen hinwegtäuschen.

 

Besonders die wirtschaftlich und technisch sinnvolle Umsetzung der Energiewende ist aus Sicht der Industrie gefährdet. Die EEG-Reform erfolgt weitgehend konzeptlos: Weitere Kostenerhöhungen werden kaum gebremst, die Marktintegration erneuerbarer Energien kommt nur schleppend voran. Der Netzausbau läuft nicht plangemäß und die Back-Up-Kapazitäten nach 2022 werden nicht ausreichen. Zudem wird nichts getan, einen einheitlichen europäischen Energiemarkt zu realisieren. Deshalb besteht die Gefahr, dass Investitionsentscheidungen energieintensiver Industrien gegen den Standort Deutschland und Baden-Württemberg fallen. Die für Deutschland so wichtigen Wertschöpfungsketten sind dann gefährdet.

 

Auch die spezifisch baden-württembergische Energie- und Klimapolitik läuft aus Sicht der Industrie in die falsche Richtung: Das verabschiedete Energie- und Klimaschutzgesetz (IEKK) birgt die Gefahr zu anspruchsvoller Reduktionsziele und zu starker Reglementierung. Das vorgesehene Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) beinhaltet durch den Einbezug von „Nicht-Wohngebäuden“ (Industriegebäude) weitere erhebliche Belastungen für die gesamte Industrie.

 

Mit der Politik der Landesregierung bezüglich der Verkehrsinfrastruktur ist die Industrie äußerst unzufrieden. Nachdem die Bemühungen der Landesregierung um Transparenz und Objektivität konstruktiv begleitet wurden, hat die Nichtinanspruchnahme von Bundesmitteln sehr enttäuscht. „Die Politik reagiert erst auf Kritik und steuert dann nach“, so LVI-Präsident Hans-Eberhard Koch. „Öffentlich werde die Verkehrspolitik in ihrer Bedeutung für das Land nicht ausreichend wahrgenommen.“ Aus Sicht der Industrie ist die Verkehrspolitik des Landes weder angemessen noch stimmig.

 

Mit Befremden nahm der LVI-Präsident schließlich zur Kenntnis, dass der überfällige Vorschlag von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid, bereits 2016 ohne neue Schulden auszukommen, innerhalb der Koalition offenbar auf Widerstand stoße: „Seit Jahr und Tag bezeichnet die Landesregierung die Haushaltskonsolidierung als zentrale Aufgabe. Wir fragen uns, wann sie damit ernst machen will!“ Die Einnahmensituation sei so gut, dass es mancher Verrenkung bedürfe, um sich glaubwürdig gegen eine Netto-Nullverschuldung zu wehren: „Reserven, Überschüsse, Mehreinnahmen – etwas mehr Ehrgeiz bei der Konsolidierung stünde dem Land gut zu Gesicht. Zumal man die Signalwirkung, die von diesem Schritt ausginge, keinesfalls unterschätzen sollte“, fasste Dr. Koch zusammen.

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