Freie Wähler liegen bei Gemeinderatswahlen im Land vorne

Bei den Gemeinderatswahlen im Südwesten haben die Freien Wähler nach ersten Ergebnissen ihre Vormachtstellung verteidigt. Nach Auszählung der Stimmen in mehr als einem Drittel der 1101 Gemeinden am Montag kamen die Wählervereinigungen auf rund 42 Prozent der Stimmen vor der CDU mit rund 30 Prozent, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Das Innenministerium betonte allerdings, dass die Zahlen noch nicht repräsentativ seien.

Der Landesvorsitzende der Freien Wähler, Heinz Kälberer, führte die Stärke darauf zurück, dass es sich bei der Kommunalwahl um eine Persönlichkeitswahl handele. Vor allem in kleinen und mittleren Städten engagierten sich viele Kandidaten, die in der entsprechenden Kommune bekannt seien. Diese seien in Vereinen aktiv oder im sozialen Bereich engagiert. «Der Bürger wählt die Kandidaten, die er kennt.» Die Freien Wähler konzentrieren sich auf kommunale Themen. Bei der Europawahl traten sie nicht an.

 

Unterdessen zeichnete sich in Stuttgart ein Sieg der CDU ab. Das «Stimmzettelergebnis» vom Montag sieht die CDU bei 30,3 Prozent und die Grünen bei 25,7 Prozent. Die Grünen sind seit 2009 stärkste Fraktion im Stuttgarter Rathaus mit 16 Sitzen, einem mehr als die CDU. Nach der Verteilung aus der neuen Erhebung hätten die Christdemokraten 18 Sitze im neuen Gemeinderat, die Grünen 16. Das Stimmzettelergebnis ergibt sich aus der Auszählung der unveränderten Stimmzettel, auf denen Wähler ihre Stimmen nur einer Partei gegeben haben. Zudem fließt die Auszählung der veränderten Stimmzettel ein, bei der zunächst nur die Partei mit den meisten Stimmen berücksichtigt wird. Ein vorläufiges Endergebnis soll Dienstag vorliegen.

 

Aus der Europawahl war die Südwest-CDU als Sieger hervorgegangen. Die Partei wollte am Montagabend zur Vorstandssitzung in Stuttgart zusammenkommen. Offen ist, ob sich Landeschef Thomas Strobl dann zu seinen Ambitionen äußert. Beobachter gehen davon aus, dass der 54-Jährige CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2016 werden und somit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) herausfordern will. Allerdings hatte Strobl dies bislang nur angedeutet und sich noch nicht offiziell erklärt. Hingegen hatte Landtagspräsident Guido Wolf bereits angekündigt, sich um die Spitzenkandidatur bewerben zu wollen. Der Kandidat soll per CDU-Mitgliederbefragung gekürt werden.

 

Nach Einschätzung des Stuttgarter Wahlexperten Frank Brettschneider hat sich die Südwest-CDU drei Jahre nach dem Machtverlust bei der Landtagswahl jetzt wieder gefangen. Sinnvoll sei es für die CDU nun, die Frage der Spitzenkandidatur recht bald zu beantworten - möglichst noch in diesem Jahr. «Sonst kann schnell der Eindruck entstehen, die CDU ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, statt sich um die Probleme des Landes zu kümmern», sagte der Kommunikationswissenschaftler von der Universität Hohenheim.

 

Die Südwest-CDU hatte bei der Europawahl im Vergleich zur Wahl 2009 um 0,6 Prozentpunkte zugelegt und 39,3 Prozent errungen. Zweiter Sieger war die SPD, die nach ihrem historisch schlechten Ergebnis 2009 am deutlichsten Boden gutmachen konnte und von 18,1 auf 23 Prozent zulegte. Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) holte aus dem Stand 7,9 Prozent. Die Grünen verloren leicht und kamen auf 13,2 Prozent (2009: 15,0 Prozent). Die FDP stürzte um zehn Punkte auf jetzt 4,1 Prozent ab. Damit ziehen insgesamt elf Abgeordnete aus Baden-Württemberg ins Europaparlament ein - einer weniger als 2009.

 

Die AfD, für die es die erste Europawahl war, erzielte ihr deutschlandweit bestes Ergebnis in Pforzheim. Sie sprang dort mit 14,5 Prozent auf den dritten Platz hinter CDU und SPD. Profitieren konnte sie wohl von früheren Wählern der FDP - die Liberalen fielen in Pforzheim von 15,6 auf 4,6 Prozent.

 

Baden-Württembergs Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sieht die Stärke der AfD mit Sorge. Es sei bedenklich, dass anti-europäische Kräfte haben zulegen können. Das gelte für Deutschland, aber noch mehr für Länder wie Frankreich und Großbritannien, wo anti-europäische Parteien stärkste Kraft geworden seien. «Das ist schädlich für den politischen Prozess in Europa».

 

Bei den Gemeinderatswahlen mussten die Grünen in ihrer Hochburg Tübingen leichte Einbußen hinnehmen. Das Ergebnis war mit Spannung erwartet worden, da im Oktober der Rathauschef neu gewählt wird und Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) für eine zweite Amtszeit kandidiert. Nach dem vorläufigen Endergebnis kamen die Grünen auf 29,6 Prozent - 3,3 Punkte weniger als bei der Wahl 2009. Sie bleiben damit aber mit Abstand größte Fraktion im Gemeinderat vor der CDU, die auf 21,8 Prozent kam (plus 2,5).

 

In Karlsruhe ist die CDU nach dem vorläufigen Endergebnis der Gewinner. Ein Patt gibt es in Konstanz, wo CDU und Grüne je 10 Sitze ergatterten. Die Bürger in Freiburg wählten die Grünen zur stärksten Fraktion, gefolgt von der CDU. In Ulm stellen erneut die Christdemokraten die stärkste Fraktion im Gemeinderat. In Mannheim wurde die SPD als stärkste politische Kraft bestätigt.

 

Das vorläufige landesweite Gesamtergebnis der Gemeinderats- und Kreistagswahlen soll am Freitag vorliegen. (DPA/LSW)

 

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