
Das zweite spürbare Erdbeben innerhalb weniger Wochen in Südhessen hat viele Menschen aufgeschreckt und im Ort Nieder-Beerbach mehr als 70 Häuser beschädigt. Das Beben am Samstagabend erreichte nach Angaben des Landesamtes für Umwelt und Geologie eine Stärke von 4,2 und war das stärkste in Hessen seit fast 20 Jahren.
«Die Stärke ist für unser Gebiet schon beachtlich», sagte Geophysiker Matthias Kracht vom Erdbebendienst des Landesamtes. Noch am Sonntag sicherte die Feuerwehr in dem Ort schiefe Kamine und begutachtete Risse in Fassaden.
Bis auf eine Familie konnten aber alle Bewohner in der Nacht in ihre Wohnungen zurückkehren. Im Haus der Familie seien die Decken zu stark beschädigt, sagte Ortsvorsteher Willi Georg Muth am Sonntag. Sie kam bei Nachbarn unter. Die Feuerwehr berichtete am Sonntagabend, nach Einschätzung von Fachkräften seien alle Objekte bewohnbar. Verletzte hatte es nicht gegeben.
Muth ging angesichts der vielen betroffenen Häuser davon aus, dass der Schaden bei rund einer Million Euro liegt. «Nicht weniger.»
Das um 18.46 Uhr registrierte Beben war nach Angaben eines Polizeisprechers in Darmstadt von der Bergstraße bis in den Odenwald hinein spürbar. In Nieder-Beerbach waren 120 Helfer von Feuerwehr und THW im Einsatz.
Bereits Ende März hatte in Südhessen die Erde gewackelt. Das damalige Beben mit einer Stärke von 3,2 könne ein Vorbeben gewesen sein, sagte Geophysiker Kracht. Nachbeben schloss er nicht aus. Ortsvorsteher Muth zeigte sich wegen der raschen Folge der Beben besorgt. Schon jetzt ist jedes siebte Haus des Ortes beschädigt.
Im Umkreis von zehn Kilometern gab es nach den Aufzeichnungen zuletzt 1871 ein so heftiges Beben. In Hessen wurden ähnliche Erschütterungen 1997 bei Bad Camberg und 1990 im Rhein-Main-Gebiet gemessen. Nahe Bad Ems in Rheinland-Pfalz erreichte ein Beben 2011 die Stärke 4,4.
Erdbeben an sich seien in der Region aber nicht ungewöhnlich, sagte Kracht. «Das ist der Spannungsabbau im Oberrheingraben, auch an dessen Rändern, zu denen der Odenwald gehört.» Die Spannungen entstünden, weil sich der afrikanische Kontinent in den europäischen hineinschiebe. Viele kleinere Beben nehme meist gar niemand wahr, sagte der Geophysiker.
In Nieder-Beerbach werden am Montag die Gutachter der Versicherungen erwartet. Viele Bürger seien besorgt, dass sie auf den Schäden sitzen blieben, sagte Ortsvorsteher Muth. Erbeben-Experte Kracht sagte, Bebenschäden seien nicht automatisch versichert, sondern nur wenn sie ausdrücklich in die Police aufgenommen worden seien. (DPA)
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