Honda Civic Tourer: Captain Future sucht Familienanschluss

Das futuristische Design mag Geschmackssache sein, aber seine inneren Werte kann keiner leugnen. Foto: Honda
Das futuristische Design mag Geschmackssache sein, aber seine inneren Werte kann keiner leugnen. Foto: Honda

Der Honda Civic buhlt erstmals seit Jahren wieder um die Gunst von Lademeistern und Familienvätern. Als Kombi riskiert er eine große Klappe. Mit Erfolg: Selbst der Branchenprimus Golf kann einpacken. Er sieht aus wie der Dienstwagen von Captain Future und ist in der Zulassungsstatistik fast so selten zu finden wie ein Ufo am Himmel über Deutschland. Was dem Honda Civic bislang für den durchschlagenden Erfolg in der Kompaktklasse fehlte - das war ein Kombi.

Nicht umsonst wird hierzulande im Schnitte jeder zweite VW Golf, Opel Astra oder Ford Focus als Variant, Sports Tourer oder Turnier bestellt. Das haben jetzt auch die Japaner begriffen und nach mehr als einem Jahrzehnt Pause wieder einen Lademeister ins Programm genommen. Seit kurzem gibt es den Civic deshalb zu Preisen ab 21 550 Euro auch als Tourer mit langem Heck und großer Klappe.

 

Konkurrenzloser Kofferraum

Für einen Aufpreis von 1100 Euro geht der Kompaktklässler bei unverändertem Radstand um 24 Zentimeter in die Länge und bietet im Fond entsprechend mehr Platz: Die Ladekante niedrig, die Luke breit und der Kofferraum eben, schluckt der Kombi selbst als Fünfsitzer schon 624 Liter. Und wenn man - leider nur vom Fond aus - die Rückbank umlegt, verlädt man mit einem Fassungsvermögen von 1668 Litern sogar manchen Avant oder Touring aus der Mittelklasse.

 

Möglich wird das durch einen geschickten Trick: Weil der Tank aus dem Heck nach vorn unter die Sitze gewandert ist, bietet der Civic unter dem Ladeboden ein Kellergeschoß, dass seinem Namen alle Ehre macht. Allein das Hauptfach unter der großen Klappe fasst 117 Liter. Da ist das zweite, sehr schmale und dafür extrem breite Abteil, in dem bei Bedarf auch die Gepäckraumabdeckung verschwindet, noch gar nicht mitgerechnet. Aber die nach vorn gerückte Tankanlage hat noch einen weiteren Vorteil: Sie erlaubt den Einsatz sogenannter «Magic Seats» auf der Rückbank. Bei ihnen kann man nicht nur die Lehne umlegen, sondern alternativ auch das Sitzkissen aufstellen und so den Fußraum im Fond für den Transport hoher Gegenstände vergrößern.

 

Kein kantiger Kasten

Obwohl der Civic Tourer mit Abstand das größte Ladevolumen in dieser Klasse bietet, ist er kein kantiger Kasten. Die Designer haben die futuristische Linienführung beibehalten und ihrem Kombi mit der nach hinten spitz zulaufenden Fenstergrafik an den Flanken sowie den eigenwilligen Rückleuchten eine charakteristische Kehrseite gezeichnet. Spätestens wer die unter der Heckscheibe durchlaufende, rote Bremsleuchte sieht, der wird den Wagen so schnell nicht mehr vergessen. Dieses Designmerkmal ist zwar nicht wirklich ein Augenschmaus, hat aber gegenüber dem eigenwilligen Heckspoiler des Fünftürers einen entscheidenden Vorteil: Man kann durch die Rückscheibe jetzt endlich wieder etwas sehen.

 

Während hinten alles neu ist und man auf der Rückbank obendrein ein bisschen besser sitzt, ändert sich für den Fahrer im Civic Tourer vergleichsweise wenig. Er blickt noch immer in ein extrem futuristisches aber deshalb nicht unbedingt übersichtliches Cockpit. Er muss sich weiter über hartes Plastik, glatte Oberflächen und schmucklose Displays ärgern.

 

Ganz der Alte

Und der Fahrer kommandiert die bekannten Motoren: Einen 1,8-Liter-Benziner mit 104 kW/142 PS oder einen 1,6 Liter großen Diesel, der auf 88 kW/120 PS kommt und bei der ersten Testfahrt eine ganz ordentliche Figur macht. Auf dem Prüfstand mit 3,8 Litern (CO2-Ausstoß 99 g/km) zufrieden, geht er mit bis zu 300 Nm beherzt zur Sache. Er wuchtet den Kombi in 10,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h, ist auf der Autobahn ein zurückhaltender Dauerläufer und hält sich mit maximal 195 km/h auch auf der Überholspur tapfer.

 

Dabei hilft ein Heer neuer Assistenzsysteme, die es mit dem Start des Kombi auch im normalen Civic gibt: Von der automatischen Notbremse über die Verkehrszeichenerkennung und die Spurführungshilfe bis zur Rückraumüberwachung beim Ausparken.

 

Überflüssige Dämpferverstellung

Ausschließlich für den Kombi gibt es dazu noch variable Dämpfer an der Hinterachse. Die sollen nicht nur das Niveau regulieren, wenn schwere Lasten geladen sind. Mit ihnen kann man auch von einer komfortablen zu einer sportlichen Federung umschalten.

 

Der Unterschied ist deutlich spürbar, doch wirklich nötig ist dieses Extra bei einer klassischen Familienkutsche nicht - zumal Honda dafür im Basismodell 850 Euro Aufpreis verlangt und man zum sportlichen Fahrgefühl schon auch ein bisschen mehr Leistung bräuchte.

 

Fazit: Na also, klappt doch

Das Design ist auch mit dem neuen Aufbau sehr gewöhnungsbedürftig. Doch die inneren Werte des Honda überzeugen. Als Fünftürer nur ein Exot, ist er als Tourer eine ernsthafte Alternative zu den Platzhirschen in der Kompaktklasse. Jetzt, wo er eine große Klappe riskiert, könnte es doch noch klappen mit dem Civic.

 

Datenblatt: Honda Civic Tourer 1.6 i- DTEC

Motor und Antrieb: Vierzylinder-Commonrail-Diesel
Hubraum: 1597 ccm
Max. Leistung: 88 kW/120 PS bei 4000 U/min
Max. Drehmoment: 300 Nm bei 2000 U/min
Antrieb: Frontantrieb
Getriebe: 6-Gang-Schaltgetriebe
Maße und Gewichte  
Länge: 4,53 m
Breite: 1,77 m
Höhe: 1,48 m
Radstand: 2,59 m
Leergewicht: 1412 kg
Zuladung: 498 kg
Kofferraumvolumen: 624-1668 Liter
Fahrdaten  
Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 10,1 s
Durchschnittsverbrauch: 3,8 Liter/100 km
Reichweite: 1320 km
CO2-Emission: 99 g/km
Kraftstoff: Diesel
Schadstoffklasse: EU5
Energieeffizienzklasse: k.A.
Kosten  
Basispreis der Modellreihe: 21 550 Euro
Grundpreis des Civic Tourer 1.6 i-DTEC: 21 550 Euro
Typklassen: k.A.
Kfz-Steuer: 160 Euro/Jahr
Wichtige Serienausstattung  
Sicherheit: Sechs Airbags, ESP, automatische Notbremse
Komfort: Klimaanlage, elektrische Fensterheber, Niveauregulierung

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

 

(DPA-INFOCOM)

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