
Im Korruptionsskandal in der Türkei haben der Wirtschafts-, der Innen- und der Umweltminister ihren Rücktritt erklärt. Umwelt- und Stadtentwicklungsminister Erdogan Bayraktar forderte zugleich Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan dazu auf, sein Amt ebenfalls niederzulegen.
Wirtschaftsminister Zafer Caglayan teilte nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu mit, die Korruptionsermittlungen seien «ein dreckiges Komplott gegen unsere Regierung, unsere Partei und unser Land». Innenminister Muammer Güler sagte Anadolu, er habe schriftlich seinen Rücktritt eingereicht.
Bayraktar sagte dem türkischen Nachrichtensender ntv in einem Telefonat, er könne alle von den Ermittlern gegen ihn erhobenen Vorwürfe aufklären und habe ohnehin meist auf Anweisung des Ministerpräsidenten gehandelt. Auf ihn sei Druck ausgeübt worden, zurückzutreten und eine Erklärung abzugeben. Er deutete an, dass diese Erklärung die Regierung entlasten sollte.
Die Söhne Caglayans und Gülers sitzen in Untersuchungshaft. Bayraktar Sohn wurde nach seiner Festnahme am Dienstag vergangener Woche wieder freigelassen, darf aber das Land nicht verlassen und muss sich wöchentlich bei der Polizei melden. Die Opposition fordert in dem Skandal auch den Rücktritt von EU-Minister Egemen Bagis. In türkischen Medien war vor den Rücktritten über eine Umbildung des 26-köpfigen Kabinetts in diesen Tagen spekuliert worden.
Der Korruptionsskandal erschüttert die Türkei seit mehr als einer Woche. Gegen 24 Verdächtige wurden Strafverfahren eingeleitet. Zu ihnen gehört neben den beiden Ministersöhnen auch der Direktor der staatlichen Halkbank, Süleyman Aslan. Bei den Ermittlungen geht es unter anderem darum, ob die Bank gegen Zahlung von Schmiergeld dabei geholfen hat, mit Hilfe von Goldtransfers die Sanktionen gegen den Iran zu unterlaufen. Außerdem wird untersucht, ob illegale Baugenehmigungen gegen Bestechung erteilt wurden.
Erdogan hat die Ermittlungen als «dreckige Operation» gegen seine Regierung mit Hintermännern im In- und Ausland bezeichnet. Nach Großrazzien und den Festnahmen Dutzender Verdächtiger am Dienstag vergangener Woche hatte die Regierung zahlreiche ranghohe Polizisten des Amtes entheben lassen, darunter den Polizeichef von Istanbul. Die Erdogan-kritische Zeitung «Today's Zaman» berichtete am Mittwoch, 400 weitere Polizisten, die in Istanbul mit den Ermittlungen befasst seien, seien versetzt worden. Damit seien seit den Großrazzien landesweit mehr als 500 Polizisten ihrer Posten enthoben worden.
Die Regierung hatte außerdem verfügt, dass Vorgesetzte künftig über Ermittlungen informiert werden müssen. Die Regierung hatte von den Korruptionsermittlungen bis zuletzt nichts gewusst. Journalisten wurde inzwischen der Zutritt zu Polizeidienststellen untersagt. Regierungskritische Medien werteten die Versetzungen als Versuch der Regierung, die Ermittlungen zu behindern.
In Istanbul kam es am Dienstag erneut zu regierungskritischen Protesten. Augenzeugen berichteten, die Polizei habe in der Innenstadt Tränengas und Plastikgeschosse gegen Demonstranten eingesetzt. (DPA)
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