
Die Verhandlungen von Union und SPD über eine große Koalition im Bund gehen in die entscheidende Phase. Am Nachmittag wollen beide Seiten in sogenannter kleiner Runde zu Beratungen in der Berliner CDU-Parteizentrale zusammenkommen. Union und SPD streben trotz aller Differenzen an, sich bis Mittwoch auf die dritte Auflage der großen Koalition zu verständigen. Allerdings ist die Sorge groß, dass ein schwarz-rotes Bündnis noch am Widerstand der SPD-Basis scheitert. Über den angestrebten Koalitionsvertrag sollen rund 473 000 Sozialdemokraten bis Mitte Dezember abstimmen.
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), geht davon aus, dass die SPD-Basis einer großen Koalition zustimmt. «Die SPD hat zwar einige Kröten schlucken müssen, so wie das strikte Nein der Union zu einem europäischen Schuldentilgungsfonds», sagte er der «Passauer Neuen Presse». «Dafür bekommen wir den einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland, eine bessere Finanzmarktregulierung, mehr Geld für Bildung, die doppelte Staatsbürgerschaft und wir setzen auch auf anderen Gebieten SPD-Positionen durch. Das kann sich sehen lassen.»
Er habe immer für eine große Koalition geworben und sei «sehr optimistisch, dass wir die Mehrheit unserer Mitglieder für den Koalitionsvertrag gewinnen können». Die SPD-Mitglieder wollten, «dass sozialdemokratische Politik in Deutschland durchgesetzt wird, weil unzählige Menschen davon profitieren. Das werden wir in der großen Koalition machen.» Dabei setze er auf eine ganze Legislatur von Schwarz-Rot. «Man geht Koalitionen immer für eine volle Wahlperiode ein. So ist es auch jetzt. Niemand darf mit dem Feuer spielen.»
Die Spitzen von CDU und CSU waren am Sonntag in Berlin zu Beratungen über das weitere Vorgehen zusammengekommen. Die SPD-Führung bemühte sich am Wochenende, den Widerstand ihrer kritischen Parteibasis gegen ein Bündnis mit der Union zu überwinden.
Union und SPD einigten sich zuletzt auf strengere Regeln für Managergehälter. Danach sollen Aufsichtsrat und Aktionärsversammlung eines börsennotierten Unternehmens die Höhe der Gehälter festlegen und das Verhältnis zum Durchschnittsgehalt offenlegen, bestätigten Verhandlungskreise am Sonntag. Aus dieser Transparenz ergebe sich eine Begrenzung der Vorstandsvergütungen. Eine gesetzliche Deckelung sei nach wie vor nicht geplant, hieß es.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt schloss eine Verlängerung der Koalitionsverhandlungen über den Mittwoch hinaus nicht mehr aus. «Wir sind mitten in der zweiten Halbzeit der Koalitionsverhandlungen. Vielleicht müssen wir sogar in die Verlängerung», sagte er der «Bild»-Zeitung (Montag). Er forderte die SPD auf, «keine falschen Erwartungen (zu) wecken. Das Wahlergebnis ist eindeutig.» Gleichzeitig richtete Dobrindt klare Forderungen an die SPD: «Keine Bestellungen mehr zu Lasten der Steuerzahler abgeben, Steuererhöhungen endgültig beerdigen und der Pkw-Maut zustimmen.» (DPA)
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