FRANKFURT (dpa-AFX) - Das drohende Scheitern der Verhandlungen über den vollständigen Verkauf der Stahlwerke in Übersee hat die Aktien von ThyssenKrupp <TKA.ETR> am Montag stark belastet. Die Aktien des Industriekonzerns verloren am Dax-Ende 3,63 Prozent auf 18,31 Euro, nachdem verschiedene Medien über Alternativpläne zu einer kompletten Veräußerung des Brasilien-Geschäftes berichtet hatten. Der Leitindex <DAX.ETR> bewegte sich mit einem Minus von 0,08 Prozent auf 8.978,65 Punkte kaum von der Stelle.
Der ersehnte Verkauf der verlustreichen Stahlwerke von ThyssenKrupp in Übersee wird zunehmend unwahrscheinlich. Der Konzern arbeite immer ernsthafter an Alternativlösungen, hieß es in Konzernkreisen, die damit entsprechende Presseberichte bestätigten.
'STRATEGISCHE PARTNERSCHAFT HOCH WAHRSCHEINLICH'
Das "Handelsblatt" ("HB") hatte unter Berufung auf informierte Kreise geschrieben, ein Komplettverkauf der brasilianischen Stahlwerke sei mittlerweile unwahrscheinlich. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde Thyssen-Krupp indes einen strategischen Partner wie die Stahlproduzenten CSN oder ArcelorMittal <MT.ASX> <ISPA.FSE> reinholen und selbst an der brasilianischen Tochter CSA beteiligt bleiben, zitierte das Blatt einen Informanten. Das "Wall Street Journal Deutschland" berichtete unter Berufung auf mehrere informierte Personen, dass eine Variante sogar den Ausbau des Stahlgeschäfts in Brasilien vorsehe.
Ein Händler kommentierte, die Anleger würden es nicht schätzen, dass der Stahlkonzern wohl weiter an der Brasiliensparte festhalten und noch mehr Geld in das Geschäft investieren müsse. Das laste auf dem Aktienkurs.
STRATEGIESCHWENK WÄRE NEGATIV
Auch Analyst Dirk Schlamp von der DZ Bank äußerte sich skeptisch. Aktuell sei schwer zu sagen, ob die vom "Handelsblatt" angestellte Spekulation stimme. Es sei jedoch Fakt, dass der ganze Verkaufsprozess deutlich länger dauere als ursprünglich geplant, was ein eher negatives Signal sei. Auch wenn die brasilianische Landeswährung Real gegenüber dem Euro abgewertet habe und sich dadurch die Perspektiven verbessert hätten, würde er einen Strategieschwenk eher negativ bewerten. Schlamp rät weiterhin, die Titel von ThyssenKrupp zu verkaufen.
Analyst Ingo-Martin Schachel von der Commerzbank meinte, die Dichte an Spekulationen lasse vermuten, dass die Ankündigung eines Teilverkaufs von Steel Americas in Brasilien vor oder bei Vorlage der Quartalszahlen am 21. November nicht ausgeschlossen werden könne. Dabei hänge die Güte eines solchen Deals weniger davon ab, welchen Anteil ThyssenKrupp letztlich noch an CSA halte. Vielmehr gehe es eher um die Bedingungen einer "strategischen Partnerschaft" mit Unternehmen wie CSN oder ArcelorMittal.
UNSICHERHEIT BLEIBT BESTEHEN
Die Unsicherheit bleibe bestehen, schrieb Analyst Markus Glockenmeier von der Essener National-Bank. Wegen des erwarteten Anziehens der Stahlnachfrage im kommenden Jahr sowie dem erhöhten Druck auf das Management, die Sanierung voranzutreiben, bleibe er aber bei seiner Kaufempfehlung. Auch Commerzbank-Analyst Schachel hielt an seinem "Buy"-Votum fest. (DPA-AFX)
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