
Zwei Tage nach der Bundestagswahl suchen die Parteien an diesem Dienstag weiter nach einer Strategie im Umgang mit dem Ergebnis. Die Diskussion über Konsequenzen wird auch die ersten Sitzungen der neuen Fraktionen bestimmen. Bei Union und SPD stellen sich Volker Kauder (CDU) und Frank-Walter Steinmeier zur Wiederwahl als Vorsitzende.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble appellierte an SPD und Grüne, sich jeweils der Bildung einer Koalition mit der Union nicht aus parteipolitischen Erwägungen zu verweigern. «Wir haben alle gelernt, dass wir auch eine Verantwortung für den Staat haben», sagte der CDU-Politiker am Montagabend im ZDF. «Erst kommt der Staat und dann die Partei und nicht umgekehrt. Und das wird dann auch für die anderen gelten.»
Wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) haben sich auch SPD und Grüne prinzipiell zu Gesprächen bereiterklärt. In beiden bisherigen Oppositionsparteien wird ein Bündnis aber eher skeptisch beurteilt.
Die in der SPD einflussreiche Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens, Hannelore Kraft, betonte am Abend in Düsseldorf, die SPD sei nicht angetreten, um als Mehrheitsbeschafferin die Union an der Regierung zu halten. Demokratie brauche auch eine starke, lebendige Opposition.
Selbst Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer, der prinzipiell als Befürworter einer Öffnung hin zur Union gilt, warnte vor einer schwarz-grünen Bündnis. «Das wäre ein brutaler Wortbruch», sagte der Realo dem «Mannheimer Morgen» (Dienstag). Dies sei «nur um den Preis des totalen Gesichtsverlusts der Grünen» möglich.
Die Union von Kanzlerin Angela Merkel hatte bei der Wahl am Sonntag zwar beinahe die absolute Mehrheit erreicht, braucht aber einen Koalitionspartner. Da die FDP den Verbleib im Bundestag nicht geschafft hat, kommen nur SPD und Grüne infrage. Die CSU lehnt ein Bündnis mit den Grünen allerdings ab. Eine rot-rot-grüne Koalition, für die die Linke weiterhin wirbt, haben SPD und Grüne ausgeschlossen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der «Passauer Neuen Presse» (Dienstag), dass das für die gesamte neue Legislaturperiode gelte.
Die Fraktionen von Union und SPD setzen bei ihren Sitzungen am Dienstag auch neben der Wahl ihrer bisherigen Vorsitzenden auf Kontinuität. Die Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann (SPD) und Michael Grosse-Brömer (CDU) sollen im Amt bestätigt werden. Bei der CSU-Landesgruppe sollen Gerda Hasselfeldt als Vorsitzende und Stefan Müller als parlamentarischer Geschäftsführer wiedergewählt werden.
Bei Grünen und Linken kommen die ausscheidenden und neuen Abgeordneten zwar ebenfalls zusammen. Ihre Fraktionsspitzen werden vorerst aber noch nicht neu gewählt.
Bei den Grünen wird ein Wechsel verlangt. Der Vorsitzende Jürgen Trittin habe als Spitzenkandidat bei der Wahl ein starkes Mandat auch des Realo-Flügels gehabt. «Aber aufgetreten ist er nur als Sprecher für den linken Flügel», sagte der Europaabgeordnete und Ex-Parteichef Reinhard Bütikofer der «Süddeutschen Zeitung» (Dienstag). «Auch in der Fraktion muss es einen Führungswechsel geben.» Der Parteivorstand hatte seine Ämter für eine Neuwahl im Herbst zur Verfügung gestellt.
Die CSU formulierte bereits die aus ihrer Sicht ersten Schritte einer neuen Regierung. «Die Mütterrente hat oberste Priorität, neben der Wiedervorlage des Gesetzes zum Abbau der kalten Progression», sagte die Landesgruppen-Vorsitzende Hasselfeldt der Zeitung «Die Welt» (Dienstag). Daneben müsse sich eine neue Regierung schnell der Energiepolitik widmen. Die Kompetenzen sollten dabei in einem Ministerium gebündelt werden: in einem eigenen Energieministerium oder beim Wirtschafts- beziehungsweise Umweltressort. (DPA)
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