Mit Notizblock und Biss: So meistern Azubis die Anfangszeit

Zu Beginn muss man sich vieles merken: Azubis sollten daher in den ersten Tagen ein Notizheft bei sich tragen und alles Wichtige notieren. Foto: Andrea Warnecke
Zu Beginn muss man sich vieles merken: Azubis sollten daher in den ersten Tagen ein Notizheft bei sich tragen und alles Wichtige notieren. Foto: Andrea Warnecke

Zu Beginn ihrer Lehre stehen Azubis vor neuen Herausforderungen: Sie müssen sich Abläufe und Namen merken, mit den Kollegen klarkommen, beim Chef einen guten Eindruck machen. Mit diesen Tipps überstehen Job-Neulinge die ersten Tage und Wochen. Notizheft mitnehmen: Am ersten Arbeitstag nehmen Azubis am besten ein kleines Notizheft mit. Darin notieren sie die Namen der Personen, die sie in nächster Zeit öfter ansprechen müssen, rät Nico Schönefeldt vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. «Denn am ersten Tag ist die Informationsflut so groß, dass es schwer ist, sich alles zu merken.» Nach ein paar Tagen habe der Azubi vermutlich alle wichtigen Namen im Kopf.

Unangenehm sei aber, die Vorgesetzten und Kollegen immer wieder danach zu fragen. In größeren Firmen sei es hilfreich, sich online ein Foto vom Geschäftsführer anzusehen. Begegne der Azubi ihm zufällig im Büro, wäre es peinlich, sich beim direkten Vorgesetzten zu erkundigen: «Wer war das eigentlich?»

 

Erst einmal siezen:Am ersten Tag sollten Lehrlinge jeden Mitarbeiter siezen. Das Siez-Gebot gelte auch dann noch, wenn sie bemerken, dass alle anderen Mitarbeiter einander mit «Du» ansprechen, sagt Schönefeldt. «Wenn es im Unternehmen vollkommen unüblich ist, "Sie" zu sagen, werden die Kollegen einen schon darauf hinweisen.» Solange das nicht passiert, sollten Azubis beim «Sie» bleiben. «Zu oft zu siezen, ist weniger schlimm, als zu früh zu duzen.» Das gelte auch für Branchen, die bekannt dafür sind, dass sich tendenziell alle duzen - etwa die Medienbranche.

 

Nicht gleich aufgeben: Wenn es am Anfang nicht richtig läuft, ist der Frust groß. «Aber man sollte dann nicht sofort das Handtuch werfen», rät Schönefeldt. «Mit der Berufsausbildung fängt ein völlig neuer Lebensabschnitt an.» Dass in den ersten Wochen noch nicht alles flutscht, sei klar. Lehrlinge, die sich nicht mehr sicher sind, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, sollten sich fragen, warum sie in diesen Beruf wollten. Manchmal werde ihnen dann klar, dass vielleicht manche Erwartungen falsch waren - nicht aber die Berufswahl.

 

Zum Teil seien es die Umstände, die einem die Ausbildung schwermachen: «Immer wieder die Anforderungen anderer erfüllen, jeden Tag pünktlich sein. Das sind für fast alle Azubis Herausforderungen», sagt Schönefeldt. Bei solchen Problemen helfe es meist, den Ausbilder anzusprechen. Falls das nichts nützt oder der Ausbilder dem Lehrling als Teil des Problems erscheint, könne man sich an die zuständige Industrie- und Handelskammer wenden. «Dort gibt es Ausbildungsberater, die Ansprechpartner für solche Fälle sind.»

 

Unterstützung holen: Viele Azubis kommen insgesamt zwar gut klar, haben aber Schwächen in einzelnen Bereichen. Manchmal sind es die ersten Noten in der Berufsschule, die den Jugendlichen Angst machen. «Dann kann man zum Beispiel den Ausbilder um Hilfe bitten und sich etwas erklären lassen, das man nicht verstanden hat», sagt Schönefeldt. «Zum Teil ist auch die Selbstwahrnehmung falsch, und man macht sich unnötig Sorgen.» Wer sich überfordert fühlt, sollte das in jedem Fall ansprechen. «Unter Umständen gibt es gar keine fachlichen Mängel, aber man braucht Hilfe beim Zeitmanagement oder bei der Arbeitsorganisation.» Dann scheint es schnell so, als ließen sich die Probleme nicht bewältigen. «Da prasseln ja auch viele Anforderungen auf die Azubis ein», sagt Schönefeldt.

 

Sind die Schwächen größer, können sogenannte Ausbildungsbegleitende Hilfen eine Lösung sein. Sie werden von der Bundesagentur für Arbeit gefördert und sollen Azubis helfen, Defizite auszugleichen, egal ob in der Praxis oder im Schulstoff. Eine andere Hilfestellung bietet VerA, ein Projekt zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen. Dabei helfen sogenannte Senior Experten den Azubis, also erfahrene, ältere Ehrenamtliche, die sich mit dem jeweiligen Beruf auskennen. «Die greifen den Jugendlichen insbesondere im ersten Ausbildungsjahr unter die Arme», sagt Schönefeldt - bei Bedarf aber auch darüber hinaus. Das Angebot wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

 

Gespräch einfordern: Was denkt der Chef von mir? Gerade am Beginn der Lehre sind viele unsicher, ob der Vorgesetzte mit ihnen zufrieden ist. Regelmäßige Feedback-Gespräche gehören zwar in vielen Firmen zur Betriebskultur - aber längst nicht in allen. Häufig bleibt in der Hektik des Alltags keine Zeit, neuen Azubis eine detaillierte Rückmeldung zu geben. In so einer Situation sollten Jugendliche sich nicht scheuen, um ein Feedback-Gespräch zu bitten, sagt Esther Hartwich vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Das zeige Engagement. Ein guter Zeitpunkt sei rund 100 Tage nach Ausbildungsbeginn. Bis dahin hätten Vorgesetzte sich meist einen fundierten ersten Eindruck verschafft.

 

Notbremse ziehen: Wenn es partout nicht laufen und nicht passen will, können Azubis in der Probezeit fristlos kündigen. «Sie ist einen und maximal vier Monate lang», erklärt Schönefeldt. Innerhalb dieser Zeit können die Jugendlichen ohne Angabe von Gründen die Ausbildung beenden - etwa um eine Lehre in einem anderen Beruf zu beginnen. Das ist in gut der Hälfte der Fälle von Ausbildungsabbrüchen so.

 

Aber auch nach der Probezeit gibt es die Möglichkeit zur Notbremse: Nach dem Berufsbildungsgesetz ist der Ausbildungsvertrag dann bei einem wichtigen Grund fristlos kündbar - auch seitens des Ausbildungsbetriebs. Der Azubi darf außerdem mit einer Frist von vier Wochen kündigen, wenn er die Lehre aufgeben oder eine andere Ausbildung aufnehmen will. Das gilt auch, wenn er bereits einen neuen Ausbildungsplatz hat. (DPA/TMN)

 

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