Im Bauch von Riga - Auf einen Birkensaft in die Markthallen

Der Zentralmarkt von oben - in die Pavillons genannten Markthallen kommen jeden Tag Zehntausende von Kunden. Am gegenüberliegenden Ufer steht die neue Nationalbibliothek. Foto: Andreas Heimann
Der Zentralmarkt von oben - in die Pavillons genannten Markthallen kommen jeden Tag Zehntausende von Kunden. Am gegenüberliegenden Ufer steht die neue Nationalbibliothek. Foto: Andreas Heimann

Der Zentralmarkt von Riga ist die erste Adresse für alle, die Fleisch, Fisch und Gemüse gerne frisch einkaufen. Doch die riesigen Markthallen sind auch ein lohnendes Ziel für Touristen, die schon immer wissen wollten, wie Birkensaft schmeckt. Sie sind der Treffpunkt für Hausfrauen und Feinschmecker und verkaterte Studenten. Die Markthallen von Riga sind riesig und sieben Tage die Woche geöffnet - 364 Tage im Jahr. Nur am 24. Juni sind sie zu - dann ist Johannistag und Ausnahmezustand in Lettland. Für den Markt hätte dann sowieso keiner Zeit. Aber an jedem anderen Tag des Jahres lohnt es sich, einzutauchen in den Bauch von Riga, wie der Zentralmarkt genannt wird.

Die Markthallen haben eine lange Geschichte: Erbaut wurden sie in den 1920er Jahren, als Lettland nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ein eigener Staat wurde. Für den Bau wurden Teile der Hangars genutzt, die die Deutschen unweit von Riga für ihre Zeppeline genutzt hatten.

 

Die 1930 eröffneten Markthallen galten damals als die modernsten der Welt. Riesig ist der Zentralmarkt noch immer - er ist der größte im gesamten Baltikum.

 

Die Markthallen spielen 2014, wenn Riga Europäische Kulturhauptstadt ist, schon am Eröffnungstag eine Rolle: Dann soll es im Bauch von Riga, mitten zwischen den Marktständen gleich mehrere Konzerte, Tanz- und Theateraufführungen geben.

 

Anna Muhka von der Stiftung Riga 2014 kauft selbst auch lieber auf Wochenmärkten ein als im Kaufhaus. «Aber der Zentralmarkt ist noch etwas Besonderes, eine Welt für sich, die einen Hauch von damals hat. Hier ist die Zeit ein bisschen stehengeblieben», sagt die in Schweden geborene Lettin. «Als ich 1980 das erste Mal hierherkam, da waren die Stände fast komplett leer, es gab nichts zu kaufen, nur große, fettige Stücke Fleisch. Und an der Decke ein Gemälde, das glückliche sowjetische Bauern zeigte.»

 

Heute ist das völlig anders. Geradezu paradiesisch ist das Angebot zum Beispiel für Fischfans: Riesige Karpfenhälften liegen in der Auslage, Stör und norwegischer Hering, Lachs, bergeweise Räuchermakrelen und natürlich Neunaugen - eine weitere lettische Spezialität.

 

Wer Gemüse braucht, findet in den Markthallen ebenfalls alles, was das Herz begehrt und in der Küche gebraucht wird. Aber was soll denn das sein? Flaschenweise wird am nächsten Stand eine leicht trübe, aber immer noch durchsichtige Flüssigkeit verkauft. Ist das aromatisiertes Wasser? Nein, nein, sagt die Gemüsehändlerin: Das ist Birkensaft.

 

Auch so eine lettische Spezialität, die zu Unrecht anderswo wenig bekannt ist: «Man muss den Saft im Frühjahr abnehmen, noch bevor die ersten Blätter kommen», erklärt Anna Muhka. «Der ist unglaublich gesund.» Er schmeckt tatsächlich frisch und ganz angenehm - aber kein bisschen nach Birke, wie auch immer Birke schmecken mag. Sauerkrautsaft gibt es in den Markthallen auch. Er soll ebenfalls gesund sein. «Hilft aber auch gegen Kater», versichert Anna Muhka. «Studenten, die am Sonntag nach einer langen Nacht auf den Markt gehen, bekommen oft ein Glas geschenkt.» (DPA/TMN)

 

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