Im ersten Schuljahr nach dem Ende der verbindlichen Grundschulempfehlung sind im Südwesten mehr Schüler nicht versetzt worden als bisher. Rund 1300 (3,9 Prozent) der 34 000 Realschüler haben die fünfte Klasse nicht geschafft. Das ist im Vergleich zu 2011/12 eine Verfünffachung des Anteils von damals 0,7 Prozent. Von den 38 000 Fünftklässlern im Gymnasium müssen rund 500 (1,3 Prozent) die Klasse wiederholen, berichten die «Stuttgarter Nachrichten» am Donnerstag aus einer Sondererhebung des Kultusministeriums. Das ist mehr als eine Verdopplung des Anteils von vor einem Jahr noch 0,5 Prozent.
Ein Sprecher von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sprach von einem «moderaten Anstieg» bei den Nichtversetzten. Allerdings kann es aus Sicht des Philologenverbandes (PhV) keine Entwarnung geben.
Im zu Ende gehenden Schuljahr konnten erstmals auch Schüler mit Real- und Haupt-/Werkrealschulempfehlung das Gymnasium ohne Probleme besuchen. Elf Prozent der Gymnasiasten in der fünften Klasse hatte eine Realschulempfehlung, knapp ein Prozent eine Werkreal- oder Hauptschul-Empfehlung. Knapp einem Viertel der Fünftklässler an Realschulen war von ihren Grundschullehrern der Besuch einer Werkrealschule nahe gelegt worden.
PhV-Landeschef Bernd Saur sagte der Nachrichtenagentur dpa, zwar habe sich seine Prognose von zehn Prozent versetzungsgefährdeten Schülern glücklicherweise nicht realisiert; aber die Erhebung des Ministeriums weise auch Lücken auf. So sei weder berücksichtigt, wie viele Kinder im Lauf des Schuljahres vom Gymnasium abgemeldet und wie viele nur auf Probe versetzt worden seien. Auch ein möglicherweise verschlechtertes Notenbild spiele keine Rolle.
Er sagte voraus, dass sich die Einführung der zweiten Fremdsprache in Klasse sechs und die beginnende Pubertät negativ auf die Quote der Sitzenbleiber auswirken werde. «Die Anforderungen des Gymnasiums ändern sich durch die Freigabe des Zugangs nicht - das muss auch die grün-rote Landesregierung wissen.» Umso bedauerlicher sei, dass dem Gymnasium die 40 Lehrerstellen für die Koordination der Hausaufgabenbetreuung zum kommenden Schuljahr gestrichen werden.
Durch individuelles Eingehen könne die Überforderung von Schülern abgefedert werden. (DPA/LSW)
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