
SPD und Grüne wollen bei einem Wahlsieg bereits zum 1. Februar 2014 bundesweit einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde einführen. Das kündigten SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt an. So könnten staatliche Transferzahlungen für Aufstocker von derzeit zehn bis elf Milliarden Euro vermieden werden, sagte Steinbrück. Dies würde die Steuerzahler massiv entlasten. Es gebe bereits einen Gesetzentwurf, der mit den von SPD und Grünen geführten Ländern abgestimmt sei.
«Es geht um 6,8 Millionen Menschen, die heute weniger als 8,50 Euro verdienen», erklärte Göring-Eckhardt.
Steinbrück betonte, es gebe wahrscheinlich zwei Sitzungswochen des Bundestages im Dezember, der Bundesrat tage am 19. Dezember. Dadurch gebe es genug Spielräume, um das Inkrafttreten eines Mindestlohngesetzes schon bis Februar 2014 zu schaffen. «In den meisten EU-Mitgliedsstaaten gibt es längst einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn», sagte Steinbrück. Es könne nicht sein, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen komme durch Geschäftsmodelle, die auf Dumpinglöhnen aufbauten.
Daher seien auch immer mehr Unternehmer für einen Mindestlohn. Das Vorhaben sei sozial gerecht und auch ökonomisch durch die gestiegene Kaufkraft vernünftig. Berechnungen ließen einen Kaufkraftzuwachs von 19 Milliarden Euro erwarten. «Das ist ein eigenständiges Konjunkturprogramm», sagte er. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte hingegen, in vielen Ländern mit gesetzlichem Mindestlohn sei die Jugendarbeitslosigkeit «dramatisch höher als in Deutschland».
Steinbrück warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, mit ihrem Eintreten für Lohnuntergrenzen nur den Anschein zu erwecken, hier deutliche Verbesserungen zu erzielen. Dies würde bedeuten, dass es Hunderte solcher Untergrenzen für alle möglichen Branchen geben würde, aber keinen bundesweiten Mindestlohn von 8,50 Euro.
«Wir wollen deutlich machen, dass es eine Alternative gibt», sagte Göring-Eckardt. Es gebe für den Mindestlohn eine gesellschaftliche Mehrheit, diese müsse nun am 22. September bei der Bundestagswahl in eine politische Mehrheit umgemünzt werden. Es könne nicht sein, dass jeder vierte Beschäftigte im Niedriglohnsektor arbeite.
Steinbrück räumte ein, die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 hätten vielleicht mit einem Mindestlohn verknüpft werden sollen. Aber damals vor zehn Jahren seien selbst die Gewerkschaften dagegen gewesen, weil sie um die Tarifautonomie gefürchtet hätten. Die FDP kritisierte die Pläne scharf. Das würde vor allem Arbeitsplätze vernichten und damit Langzeitarbeitslosen, Geringqualifizierten und Berufseinsteigern schaden, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring. Linken-Chef Bernd Riexinger forderte einen Mindestlohn von zehn Euro.
SPD und Grüne wollen auch gleiche Bezahlung für Leiharbeiter und Festangestellte sowie eine zügige Abschaffung des Betreuungsgeldes. Beide Spitzenpolitiker bekräftigten, ein rot-grüner Wahlsieg sei noch möglich - trotz schlechter Umfragewerte für die SPD. «Es geht nicht darum, dass wir uns gegenseitig Haltungsnoten geben», sagte Göring-Eckardt hinsichtlich des SPD-Wahlkampfes. Steinbrück sprach mit Blick auf Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft, wonach die Vorhaben von SPD und Grünen Staat und Bürger gut 59 Milliarden Euro jährlich kosten könnten, von «Voodoo-Ökonomie». (DPA)
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