
Stress, Burn-out und Depression: Patienten machen Tests in Zeitschriften oder im Internet. Obwohl manchmal eine Depression vorliegt, erzählen sie den Therapeuten, sie leiden unter Burn-out. Aber ob «ausgebrannt» dann immer die richtige Diagnose ist, bezweifeln Experten. Der Psychiater und Psychotherapeut Hans Joachim Thimm warnt vor einer Vermischung der Erscheinungsformen Stress, Depressionen und Burn-out. Der Grund: Patienten sagen beim Therapeuten eher, sie hätten Burn-out als eine Depression.
«Das hört sich besser an, führt aber dazu, dass Patienten nicht immer richtig behandelt werden», sagte Thimm am Rande der Tagung «Modediagnosen in der Psychiatrie» am Freitag in Hemer. Er ist Leitender Oberarzt der Allgemeinen Psychiatrie der Dortmunder Klinik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe.
Burn-out, Stress und Depression seien unterschiedliche Erscheinungsformen. Burn-out könne sich aber durchaus zu einer Depression weiterentwickeln, sagt Thimm. Depression ist die Aufgabe oder die absolute Hoffnungslosigkeit, Erschöpfung, Anteilnahmslosigkeit, verzweifelter Affekt. «Da können Sie nicht einmal einen Scherz in der Gegenwart der Betroffenen wagen», sagte Thimm. Manche Patienten wollten solch eine Diagnose nicht wahrhaben.
«Burn-out ist häufig eine Folge einer Gratifikationskrise im Job. Es geht nicht allein um Geld. Es geht um Anerkennung und um einen sicheren Arbeitsplatz. Verausgabung und Belohnung müssen sich die Waage halten», sagt Thimm.
Er sieht drei Gruppen von Betroffenen. Die eine hat ein übersteigertes Anspruchsniveau und eine hohe Neigung, sich zu verausgaben. Andere treffen für sich die Entscheidung, ein unfaires Arbeitsverhältnis zeitweise zu akzeptieren. Die dritte Gruppe ist einfach vom Job abhängig und arbeitet lieber zu unfairen Bedingungen als gar nicht.
Die Betroffenen seien müde, matt, abgeschlagen, werden von innerer Unruhe, Reizbarkeit, Nervosität, Aggressivität und innerer Gespanntheit geplagt. «Burn-out ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern immer auch ein Problem des Betriebs.»
Das Syndrom könne nicht einmal als eine Hauptdiagnose im Sinne der Diagnosekriterien der Weltgesundheitsorganisation verschlüsselt werden. Um es zu kennzeichnen, müsse Depression mit der Zusatzdiagnose «Problem mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung» eingetragen werden.
Wer dagegen Stresssymptome zeige, unterliege zu hohen Reizen. Darauf reagiere der Körper. Der Mensch wird von innerer Unruhe geplagt, von Leere und Versagensangst. «Die Patienten sagen auch: "Ich bin leer"», beschriebt Hemer die Symptome.
Stresserzeuger können sehr unterschiedlich sein: Hitze, Lärm, Konflikte oder Isolation. Der Körper reagiere dauerhaft mit dem Ausstoß von Hormonen, die nicht mehr vollständig abgebaut werden könnten. Als Folgen können sich unter anderem Herz-Kreislauf-Probleme, Stoffwechselkrankheiten, Sexualstörungen oder Magengeschwüre entwickeln. (DPA)
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