
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kann die Debatte über den einstigen Einfluss von Pädophilen in seiner Partei nachvollziehen. «Wir müssen das aushalten», sagte Kretschmann dem Berliner «Tagesspiegel» (Sonntag). «Die Grünen haben in ihrer Geschichte so viel moralisiert, da dürfen wir jetzt nicht beleidigt sein.» Die politische Konkurrenz müsse aber bei den Fakten bleiben und dürfe beispielsweise Daniel Cohn-Bendit nicht als Päderasten bezeichnen.
Der heutige Europapolitiker hatte 1975 in einem halb fiktiven Buch über seine Zeit als Erzieher geschrieben, es sei passiert, dass Kinder seine Hose geöffnet und ihn gestreichelt hätten.
Kretschmann sagte, er habe sich in seiner Partei schon früh gegen Aktivisten für Sex von Erwachsenen mit Kindern gewandt. Diese Leute seien in den frühen 1980er Jahren bei ihm «wirklich an den Falschen geraten». In Baden-Württemberg hätten die pädophilen Aktivisten deshalb «gar nichts ausgerichtet».
Kretschmann habe in der Debatte ein schlechtes Gedächtnis, sagte dagegen FDP-Landtagsfraktions-Chef Hans-Ulrich Rülke am Sonntag. Der Grünen-Landesvorstand habe 1985 ein Papier zum Thema «Grüne und Sexualität» verabschiedet. Darin sei der Paragraf 176 des Strafgesetzbuches kritisiert worden, der sexuelle Handlungen Erwachsener mit unter 14-Jährigen unter Strafe stellt. Dem Paragrafen sei eine Studie entgegengehalten worden, die zu dem Ergebnis komme, dass «harmlose erotische Erlebnisse» keine schädlichen Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern hätten.
Kritik kam auch vom CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl. Der Ministerpräsident versuche, die Verantwortung für die Fehler der Vergangenheit von den Grünen im Südwesten abzuwälzen und sie anderen Grünen-Landesverbänden in die Schuhe zu schieben, teilte Strobl mit.
Pädophilie ist eine sexuelle Ausrichtung auf Kinder, Päderastie bezeichnet eine sexuelle Neigung von Männern zu Jungen. (DPA)
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