Hochwasser: Dresdens Kulturstätten bleiben verschont

Die Semperoper wird von mobilen Hochwasserschutzwänden geschützt. Foto: Michael Kappeler
Die Semperoper wird von mobilen Hochwasserschutzwänden geschützt. Foto: Michael Kappeler

Kein Hochwasser in Semperoper, Sempergalerie, Zwinger und Schloss. Sachsens weltberühmte Kunsttempel blieben von den Fluten der Elbe und ihren Nebenflüssen verschont. Im August 2002 waren die in den Fluten versinkenden Kulturstätten von Weltrang ein Sinnbild der verheerenden Katastrophe. Diesmal haben die Museen uneingeschränkt geöffnet, nur die Oper muss ihren Spielplan ändern: Eine kleine Bühne ist zur Sicherheit gesperrt und «Der Rosenkavalier» unter Leitung von Christian Thielemann muss ohne Kulisse auskommen.

Um eines der schönsten Opernhäuser der Welt windet sich eine 500 Meter lange, dicke und orangefarbene Doppelschlange - von der Elbseite bis zum Zwingerwall. Die beiden mit Wasser gefüllten Schläuche gehören zu einem mobilen Schutzsystem, das nach 2002 angeschafft wurde. «Der mobile Damm schützt das Gebäude auch vor dem Wasser, das aus der Kanalisation drückt», sagte der Technische Direktor, Jan Seeger. Die neue Hochwassermauer für die Innenstadt hat die Kulturstätten zwar zuverlässig vor der Elbe bewahrt. «Wir müssen aber trotzdem weiter aufpassen.»

 

20 Entlastungsbrunnen bewahren Oper, Zwinger und Schloss zudem vor dem mit dem anschwellenden Fluss aufsteigenden Grundwasser. «Mit Hochleistungsgeräten wird das Grundwasser dort gegen den Druck der Elbe in den Fluss zurück gepumpt», erklärte Seeger. Damit werde auch verhindert, dass die Gebäude aufschwimmen, also nach oben gedrückt werden. Das Schauspielhaus hat sich vorsorglich mit Barrikaden und 400 Sandsäcken geschützt - vor der Weißeritz aus Süden, an der eine Talsperre übergelaufen war.

 

«Es gibt drei Gefahren: Elbe, Weißeritz und Grundwasser», erklärte Hausingenieur Roland Oertel. Dagegen wurde das 2002 überflutete Theater mit Schotts, großer Pumpen sowie einer Barrikadenanlage und Notstromversorgung gewappnet. Wegen der nötigen Sicherungsmaßnahmen wurde zwei Tage nicht gespielt. In Zwinger und Schloss dagegen ist alles wie immer - bis auf ein paar Sandsäcke vor der Öffnung der Klimaanlage im Grünen Gewölbe: Touristen flanieren, betrachten Gemälde Alter Meister, Diamanten und Kuriositäten in der königlichen Schatzkammer und edles Meissener Porzellan.

 

«Die Schutzmaßnahmen haben funktioniert», lobte der Technische Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Michael John. Auch im Albertinum merken Besucher nicht, dass das Wasser praktisch vor der Tür steht. Das Ausstellungsgebäude aus dem 19. Jahrhundert schützt die Brühlsche Terrasse, an deren Krone die Elbe leckt. «Es tropft Sickerwasser von den Kellerwänden, das wir auffangen und nach außen pumpen.» Das Grundwasserproblem ist beherrschbar, die Natur am Schloss Pillnitz aber nicht. Dort musste das Kunstgewerbemuseum geschlossen werden, denn die Elbe fließt durch Ausstellungsräume.

 

Die Flutkatastrophe 2002 hatte an Semperoper, Gemäldegalerie Alte Meister und Albertinum - damals noch Domizil des Grünen Gewölbes - Schäden von mehr als 50 Millionen Euro hinterlassen. Tausende Kunstwerke konnten in einer spektakulären Aktion nur in letzter Minute vor dem zerstörenden Nass gerettet werden. Inzwischen haben die Gemälde ein hochwassersicheres Depot, das wie eine Arche über dem einstigen Innenhof des Albertinums ins Dach eingehängt ist. Die Skulpturen befinden sich über der Erde in Schaudepots.

 

Der Freistaat investierte seitdem mehr als 80 Millionen Euro in den Schutz der Kulturbauten und Bestände. Sachsens Kunstministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) ist erleichtert, dass diesmal weder Kulturbauten noch Kunstschätze Schaden genommen haben und Museen und Theater Besucher empfangen. «Kultur kann auch in diesen schwierigen Tagen ein wichtiges Zeichen der Ermutigung sein.»

 

In Sachsen-Anhalt dagegen wurde wegen des Hochwassers der Saale eines der kulturellen Aushängeschilder des Landes kurzfristig abgesagt: die Händel-Festspiele in Halle. Der dortige Opernintendant Axel Köhler protestierte gegen die «übereilte Absage», die er für ein Desaster hält. «Wenn die Begründung der Absage lautet, die Stadt kann nicht feiern, wenn Menschen in Not sind, dann wird die Kultur automatisch mit Volksbelustigung in Art einer Fanmeile auf eine Stufe gestellt, die jederzeit verzichtbar ist.»

 

Die Festspiele sollten bis zum 16. Juni mit internationalen Stars in der Geburtsstadt des Barockkomponisten Georg Friedrich Händel (1685-1759) und Umgebung stattfinden. (DPA)

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